Ölfund in Sottorf reloaded


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Letzte Nachricht (Montag, 18.11.13): Öl aus Kavernen ausgetreten http://www.ndr.de/regional/niedersachsen/oldenburg/etzel103.html (mehr hier am Ende des Artikels

Unter Sottorf (Geminde Rosengarten, in der Nähe vom Freilichtmuseum Kiekeberg)  befinden sich neun große Hohlräume, in denen Erdöl bevorratet wird (das Nordheide Wochenblatt berichtete darüber: http://services.kreiszeitung-wochenblatt.de/uploads/blaetterkatalog/ausgabe/sa/nh/16112013/index.html ) Bei google maps erkennt man – wenig (siehe oben). Es handelt sich insgesamt um über eine Million Kubikmeter Erdöl, das entspricht ungefähr zweihundertfünfzig Schwimmbecken (würde also reichen, um die meisten Schwimmbäder im norddeutschen Raum mit Öl zu fluten). Man nennt die Hohlräume Kavernen, das sind riesige Schächte mit einem Durchmesser von bis zu 35 Meter und einer Tiefenausdehnung bis 400 Meter. Sie liegen bis zu tausend Meter tief, also einige hundert Meter unter dem Grundwasserleiter.

In dem Bericht klingt es, als sei die Bevorratung mit Erdöl eine sichere Angelegenheit und überdies praktisch, weil man ja oben nicht viel davon mitbekommt. An dieser Stelle wird der geneigte Gasbohr-Gegner hellhörig: denn die Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Mentalität vieler Unternehmen kennen wir nur all zu gut beispielsweise vom Lagerstättenwasser, das einfach so wieder in die Erde gepresst wird. Es bleibt die Hoffnung, dass es da bleibt, wo es hingepresst wird – aber diese Hoffnung trügt zu und zu oft.

Andernorts sind bewegte Bürger bereits weiter als wir im Kreis Harburg, nicht zuletzt weil die Bedrohung ein noch größeres Ausmaß hat: In Friedeburg im ostfriesischen Kreis Wittmund ist fast zehnmal so viel Erdöl in unterirdischen Kavernen eingelagert wie in Sottorf. Die Bürger wehren sich seit drei Jahren mit einer Bürgerinitiative gegen die von unten drohenden Gefahren. Schon vor einem Jahr veröffentlichten sie ein Kurzgutachten eines Ingenieurs (Dr. habil. Krupp), der seine Erörterungen in zehn Schlussfolgerungen zusammenfasst. Er befürchtet Rissbildungen im Salzstock,  Bodensenkungen an der Oberfläche (dann wird man doch was mitkriegen hier oben), Süßwasserversalzungen:

„1. Es ist allgemein anerkannt, dass solegefüllte Kavernen im Steinsalz ohne Gegenmaßnahmen so lange konvergieren, bis der Kavernenhohlraum wieder verschwunden ist.
2. Die vollständige Kavernen-Konvergenz kann nur durch eine Füllung des Hohlraums mit einem Feststoff verhindert werden.
3. Ein langzeitsicherer druckdichter Verschluss von solegefüllten, vertikal ausgedehnten Kavernen ist aufgrund von zu hohen, hydraulisch aus dem Kavernentiefsten auf den Kavernenverschluss, Kavernenschuh, bzw. das Kavernendach übertragenen Drücken unmöglich.
4. Im Fall eines druckdicht hergestellten Kavernenverschlusses werden die hydraulisch übertragenen Drücke zu einer Undichtigkeit in Form von Makro-Rissen, möglicherweise auch in Form von erhöhten Permeabilitäten des Salzgebirges, führen.
5. Die von einigen Verfassern aufgestellte Hypothese, dass die verdrängte Sole eine Imprägnationszone im salinaren Nebengebirge und der hangenden Salzschwebe über der Kaverne bilden würde, die somit eine weitere Ausbreitung der Sole verhindere, ist aufgrund volumetrischer Überlegungen abzulehnen. Das hierzu erforderliche Salzvolumen müsste unter Annahme realistischer Werte für die sekundäre Porosität mehr als tausendfach über dem verdrängten Solevolumen liegen.
6. Der von einigen Verfassern vorgeschlagene Mechanismus der Korngrenzenöffnung und Perkolation zur Bildung einer hypothetischen Imprägnationszone ist ebenfalls in Frage zu stellen, weil er mit der Auflösung des Kornverbandes und somit einer nachhaltigen Entfestigung des Kavernendaches verbunden wäre, die zu kaum übersehbaren Kavernenschäden geführt haben würde.
7. Der von einigen Verfassern vorgeschlagene Aufbau eines hypothetischen Druckgleichgewichtes infolge von Strömungswiderständen gemäß dem Darcy-Gesetz verkennt, dass der Durchlässigkeitsbeiwert im Fall der Kavernen-Leckage nicht mehr als Konstante angesehen werden kann, und dass die Volumenkonvergenz als treibende Kraft die Auspressrate von Sole bestimmt.
8. Über die hydraulisch aufgerissenen Leckagestellen wird die Solefüllung durch fortschreitende Konvergenz in das grundwasserführende Deckgebirge ausgepresst und kann dort zu einer massiven Versalzung des Süßwassers führen. Jeder Kubikmeter gesättigte Sole kann bis zu 1000 Kubikmeter Süßwasser versalzen, indem der Chlorid-Grenzwert der Trinkwasserverordnung überschritten wird.
9. Durch die bis zum vollständigen Verschluss des Kavernenhohlraums ablaufende Konvergenz wird an der Oberfläche eine Bodenabsenkung eintreten, deren Volumen dem durch Solung aufgelösten Steinsalzvolumen entspricht. Ein Vergleich mit gemessenen geometrischen Hohlraumvolumina wird hingegen zu einer Unterschätzung des Senkungsvolumens führen.
10. Das Ausmaß der Bodenabsenkung kann durch einen druckdicht hergestellten, aber nicht beständigen Kavernenverschluss nicht verringert werden.
11. Für das erste, zwischen 1974 und 1978 hergestellte Kavernenfeld im Salzstock Etzel errechnen sich auf Grundlage des geometrischen Hohlraumvolumens nach vollständig erfolgter Konvergenz mittlere Bodensenkungen von 5,91 Meter. Bei Ansatz des (unbekannten) aufgelösten Steinsalzvolumens würde der Senkungsbetrag vermutlich deutlich größer ausfallen.“

Zugegeben: das ist Fachwissen, von dem ich nicht alles wirklich verstehe. Aber eins teilt sich doch deutlich mit: die Beschwichtigungen der Wirtschaft und ihrer Techniker steht nicht unwidersprochen im Raum. Das ist Grund zur Beunruhigung. Andere Fachleute fragen auch noch weiter: was passiert denn, wenn die Kavernen einmal nicht mehr für Erdöl benötigt würden (sei es in zehn oder zwanzig Jahren)? Dann müsste man sie verfüllen. Mit normalen Feststoffen (Kies o.ä.) wäre das viel zu teuer. Man würde, fürchten sie, Müll nehmen. Und sie schlussfolgern: jede Vorratskaverne ist eine potenzielle Sondermülldeponie. Na herzlichen Glückwunsch.

Vielleicht müsste eine Sitzung des Plenums „Kein Fracking in der Heide“ demnächst mal in Sottorf stattfinden.

Letzte Meldung:

In Etzel (bei Friedeburg, oben schon erwähnt) ist Öl aus Kavernen ausgetreten.

„Es ist ein Albtraum: Ganz in der Nähe eines Grundwasserschutzgebietes hat es einen schweren Zwischenfall in einem unterirdischen Öl-Lager gegeben. Aus einem Kavernenspeicher bei Etzel (Landkreis Wittmund), betrieben von der Firma IVG Caverns, waren von Sonntagmittag an größere Mengen Erdöl ausgetreten. Das Öl lief in Wassergräben und Entwässerungskanäle – konnte aber mittlerweile gestoppt werden. Die IVG Caverns hat den Vorfall inzwischen bestätigt: Es habe ein Leck an der Sammelstelle 10 in Friedeburg-Horsten gegeben, sagte ein IVG-Sprecher.“ Weitere Informationen im NDR-Bericht (link s. oben auf der Seite).

Der Betreiber der Kavernen in Friedeburg, IVG, wirbt für seine leckenden Anlagen:

Kavernen für die Speicherung von Öl und Gas als attraktive und immobiliennahe Asset-Klasse

Manchmal verschlägt mir die Realität die Sprache. Die Gauner plappern weiter.

 

Quelle, vollständiges Gutachten und weitere Informationen der BI Etzel / Friedeburg:

http://bi-lebensqualitaet.de/
(engelmann)

 

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