Abendblatt und LBEG üben Schulterschluss: Versenkung in Wohngebieten völlig normal

Das Abendblatt beweist, wie man gegen Dinge polemisieren kann, von denen man irgendwie nicht wirklich was versteht. Die Anfrage der Linken im Harburger Bezirksparlament über die Funktion der ehemaligen Bohrstelle in Hamburg-Sinstorf (Bezirk Harburg) ist lediglich Anlass zur Häme. Gegenstand der Berichterstattung ist nicht die Frage, ob bei der Erstellung des Bebauungsplanes Sinstorf 22 (direkt gegenüber der ehemaligen Bohrstelle) deren heutige Funktion berücksichtig wurde – oder eben doch nicht?! Im B-Plan ist wohl nur die Rede von einer stillgelegten Bohrstelle. Dass seit 1995 diese Bohrung genutzt wird, um (mittlerweile 16.000 m³) Lagerstättenwasser zu verbuddeln, soll die Bauherren in Sinstorf 22 nicht kümmern. Es geht also darum, ob ein (schwerwiegender?) Verfahrensfehler bei der Bauleitplanung erfolgte. Das dürfte die Bürger interessieren.
Das Abendblatt höhnt, das Lagerstättenwasser ströme drucklos und daher hamrlos in den Untergrund, um dort den durch Erdölförderung ringsum entstandenen Unterdruck auszugleichen, und verharmlost: Was gefördert wird, sei immer ein Gemisch aus Öl und Wasser, und das werde getrennt und das Wasser wieder in den Boden geleitet. Das ist nicht einfach Wasser (wie in der Abendblatt-Redaktion bekannt sein dürfte). Selbst die niedersächsische Landesregierung bezeichnet diese Flüssigkeit neuerdings als Abwasser. Genauer muss man sagen: giftiges Abwasser. So giftig, dass es nicht in die Kanalisation geleitet werden darf. Man konnte im Abendblatt in der jüngsten Vergangenheit hin und wieder vergleichsweise informative Artikel über Fracking und Gasförderung lesen. Sollte diese Zeit jetzt vorbei sein? Dass das LBEG die Angelegenheit als völlig in Ordnung und im grünen Bereich bewerten möchte, versteht man, wenn man seine Parteilichkeit im Sinne der Wirtschaft kennt.

Ein großer Teil des in Sinstorf versteckten Lagerstättenwassers stammt aus Niedersachsen, und zwar aus Seevetal. Als Bürger des Landkreises Harburg ist es mir einigermaßen unangenehm, die Nachbarn mit unserem Schmutz zu behelligen. Aber in einer Metropolregion wäscht eine Hand die andere (oder verschmutzt sie, je nachdem…).
Der Abendblatt-Bericht im Wortlaut:
Sinstorf. Wird direkt neben Kleingärten und geplanter Wohnbebauung der Boden vergiftet? Diesen Eindruck erweckt eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Sabine Boeddinghaus und ihrer Fraktion an die Bezirksverwaltung. Hintergrund: Am Sinstorfer Weg, direkt gegenüber dem geplanten Neubaugebiet Sinstorf 22 befindet sich die alte Ölförderstelle Groß-Hamburg2 (GH2). Hier wird kein Öl mehr gefördert, sondern so genanntes Lagerstättenwasser in den Boden gepumpt.
In sechs detaillierten Fragen möchte Boeddinghaus von der Bezirksversammlung erfahren, wie weit der Bezirk, die Anwohner und die anliegenden Kleingärtner über die Einstellung des Förderbetriebes und die gegenwärtige Nutzung der Förderstätte informiert seien, ob der Betrieb bei der Planausweisung von Sinstorf 22 berücksichtigt wurde und ob der Bezirk oder die Stadt im Vorwege der Planausweisung die Wasserqualität in Sinstorf geprüft hätten. In der Pressemitteilung zur Anfrage wartet sie die Antworten des Bezirks nicht ab: „Hier soll nach Auskunft des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie Hannover (LBEG) aktuell die ehemalige Förderstätte als Einpressbohrung betrieben werden. Das bedeutet, dass hier so genanntes Lagerstättenwasser in die ehemalige Förderstätte geleitet wird.“
Lagerstättenwasser, so Boeddinghaus, sei mit Benzolen, Schwermetallen und radioaktiven Stoffen belastet und könne unter Umständen ins Grundwasser gelangen, da es mit hohem Druck in den Boden gepumpt wird . Als Experten zitiert sie Michael Schulze von der „Initiative frackingfreies Harburg“.
Dabei wird das Lagerstättenwasser – zumindest in Sinstorf – gar nicht mit Hochdruck in den Boden gepumpt. „Das Wasser wird in den Horizont eingebracht, aus dem ursprünglich Erdöl und Lagerstättenwasser zu Tage gefördert wurden“, sagt Björn Völlmar, Pressesprecher des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie in Hannover, das auch für den Hamburger Raum zuständig ist. „Die GH2 ist eine Einpressbohrung, die in der Regel unter Unterdruck steht. Dadurch kann sie das Lagerstättenwasser drucklos aufnehmen.“
Erdöl und Erdgas befinden sich nicht pur im norddeutschen Boden. In der Regel ist das Öl mit Wasser vermischt und beides zusammen wird zu Tage gefördert. Das Öl wird dann vom Wasser getrennt und weiterverarbeitet, das Wasser wird in die Lagerstätten zurückverbracht.
In Sinstorf wird nur Lagerstättenwasser aus anderen, noch aktiven Entnahmestellen des Sinstorfer Ölfeldes in Beckedorf, in Sottorf und am Sinstorfer Kirchweg über eine direkte Stahlrohrverbindung eingepumpt. „Dieser Vorgang ist zwingend notwendig, um eine Druckerhaltung in der Lagerstätte zu gewährleisten“, sagt Völlmar.
Die ölführenden Schichten im Bereich des Sinstorfer Ölfeldes befinden sich ungefähr 2000 Meter unter der Erdoberfläche, weit unter den Grundwasserleitern. Anders, als beim Fracking werden durch eine Ölbohrung die trennenden Erdschichten auch nicht großflächig durchbrochen.
Am Sinstorfer Weg wird bereits seit 1995 kein Öl mehr gefördert. Seitdem wird hier Lagerstättenwasser eingepumpt. Der Stadt Hamburg sei dies bekannt, sagt Völlmar.

http://www.abendblatt.de/hamburg/harburg/article131663339/Spekulationen-um-das-Oelbohrloch.html

Die Fragen der Linken im Harburger Bezirksparlament:
1. Wann wurde die Erdölförderung in dem betreffenden Fördergebiet eingestellt und wurden die zuständigen Fachstellen im Bezirk Harburg darüber informiert?
2. Wurden die Anlieger (KleingärtnerInnen und AnwohnerInnen) über die Einstellung des Förderbetriebes informiert? Wenn ja, wann und wie? Wenn nein, warum nicht?
3. Ist dem Bezirksamt bekannt, wie die ehemalige Erdölförderstätte aktuell genutzt wird? Wenn ja, wie?
4. Wurden Informationen über die Nutzung des Flurstücks1619 zum Zweck der Planung Sinstorf 22 eingeholt? Wenn ja, wann, bei wem,
wie und mit welchem Ergebnis?
5. Wurde die aktuelle Boden-und Wasserqualität und –reinheit des Gebietes erhoben oder gibt es Erkenntnisse darüber? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?
6. Wie beurteilt die Verwaltung eine mögliche Sicherheits- und Gesundheitsgefährdung für die AnwohnerInnen in dem geplanten Gebiet Sinstorf22 durch den Betrieb der ehemaligen Förderstätte?

Klicke, um auf Fraktion_DIE_LINKE_Anfrage_Sinstorf_22.pdf zuzugreifen

 

Zusammenfassung der Sachlage auch auf

http://www.vierlaender.de/archives/647-Sondermuellverklappung.html

 

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