Informationen über die Ölkavernen in Sottorf am 19.1.2016 – Ein Bericht
Erdölkavernen sind sicherer als Gaskavernen, aber auch in Sottorf kann keiner garantieren, dass nicht statt Öl irgendwann mal Gas gespeichert wird oder die Kavernen als Mülldeponie genutzt werden. Der Geologe Dr. Ralf Krupp referierte auf einer Veranstaltung der Grünen in Sichtweite der Kavernen, in denen in Sottorf bis zu 1,7 Millionen Kubikmeter Öl gelagert werden. Ungefähr achtzig Teilnehmer beteiligten sich mit ihren Fragen, die von dem Wissenschaftler Dr. habil Krupp (detailliert) und von Dipl.-Ing. Piter von der Betreibergesellschaft NWKG (eher abdeckend) beantwortet wurden.
Die Anlage einer Kaverne ist ein kompliziertes technisches Vorhaben. Bis zu 600 oder 800 Meter tief wird gebohrt, zwischen Außenhülle (casing) und Innenrohren eine Schicht Spezialmörtel eingedrückt, deren Dichte (und somit Unversehrtheit) regelmäßig kontrolliert wird. Die Höhlung (ein spindelförmiger Hohlkörper von mehreren hundert Meter Höhe und einem Durchmesser von 20, 30 oder 40 Meter) wird mit Wasser aus dem Salzstock Sottorf herausgespült. Die gesättigte Salzlösung (ca. 300 g Steinsalz auf einen Liter) wird durch eine Rohrleitung durch den Kreis Harburg bis zum Seehafen 4 geleitet und dort in die Elbe gekippt – ungeklärt. Bei einer Kaverne von 200.000 m³ (mittlere Größe) entspricht das ungefähr 2000 LKW-Ladungen Salz – angesichts steigender Salzlast der Elbe kein Pappenstiel. Verschiebung der Brackwassergrenze durch Elbvertiefung sowie Versalzung durch Landwirtschaft oder natürlicher hoher Salzgehalt im Boden sind für die Trinkwasserversorgung eine Herausforderung: Die Hamburger Wasserwerke schlossen die Brunnen an der Elbe (Haseldorfer Marsch, Kaltehofe), Lübeck muss aus der Heide versorgt werden, auch Teile des Landkreises Harburg in der Elbmarsch weisen hohe Salzkonzentrationen auf (1).
Im Alltagsbetrieb einer Kavernenanlage bleibt die Solelösung ein ständiger Begleiter.
Um das Öl aus einer Kaverne zu entnehmen, wird diese mit Elbwasser gefüllt – das Öl schwimmt oben und wird rausgedrückt. Die gesamte Kaverne ist dann mit Elbwasser gefüllt, das erneut Salz löst und mit dieser Salzlast zurück in den Fluss geleitet wird, wenn wieder Öl in die Kaverne eingepresst wird.
Die Risisken von Undichtigkeiten im Rohrleitungssystem sind ähnlich wie bei Bohrstellen für Öl- oder Gasförderung. Der Zement in der Rohrwandung kann im Lauf der Zeit verspröden und Risse bilden. Auch die Kaverne selbst kann Risse bilden, wenn die Druckunterschiede zwischen der Flüssigkeit in der Höhle und dem „Gebirge“ neben der Höhle in größerer Tiefe immer mehr zunehmen. Dann könnte Sole oder auch Öl in den Boden und möglicherweise auch in Grundwasserleiter eintreten. Ein Monitoring gibt es zwar für die Dichtigkeit des Rohrsystems, aber Wasser- und Luftmonitoring für die Umgebung bestehen nicht, wie der Vertreter des Betreibers angab. In Gronau-Epe hat das Monitoring wenig genützt (s.u.).
Ölkavernenbetreiber verdienen ihr Geld nicht vorrangig durch Kauf und Verkauf des Rohstoffs. Durch Erdölbervorratungsgesetzgebung ist festgelegt, dass für die Krisenvorsorge ein Betrag von ca. ¼ Cent/ Liter Benzin bzw. Diesel einbehalten werden. Jeder Autofahrer ist also mit einigen Euro im Jahr dabei. Davon leben die Kavernenbetreiber. Beauftragt mit der Vorratssicherung ist der EBV (Erdölbevorratungsverband), eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Sie hat eine Tochtergesellschaft (NWKG) beauftragt, die Kavernenspeicherung technisch durchzuführen (2).
Es hat in den letzten Jahren einige Störfälle in Ölkavernanlagen gegeben: In Etzel bei Wilhelmshaven traten ca. 40.000 l Öl aus, möglicherweise war ein Ventil nicht ausreichend gesichert. Mutter des Kavernenbetreibers in Etzel ist die IVG, knapp der Insolvenz entkommene und im Umbau befindliche Immobilienfirma. Damals hatte Herr Piter von der NWKG dazu gesagt: „Ohne genau zu wissen, was in Etzel genau geschehen ist, kann ich ausschließen, dass so etwas an unserer Anlage in Grambke passiert.“ (2a) – eine mutige Behauptung. In Gronau-Epe nahe der hollandischen Grenze waren unerklärliche Druckverluste im Monitoring-System zu erkennen. Da man aber keine Ursachen dafür finden konnte, betrieb man alles weiter wie bisher (3). Kurze Zeit später stand Öl auf den Weiden, Kühe mussten notgeschlachtet werden. Es hatte ein Leck in einer Rohrleitung gegeben. Tausende Kubikmeter Erde mussten ausgekoffert und ausgetauscht werden. Die Anlage gehört dem EBV (4).
Störfälle mit gravierenderen Folgen sind bisher eher bei Gaskavernen aufgetreten. In Louisiana entwichen dabei bis zu einer Million m³ Erdgas (sowie unbekannte Ölmengen aus ebenfalls betroffenen benachbarten Ölkavernen). Eine Kaverne war eingestürzt und zog Bäume in das entstehende Loch, jetzt steht da ein Öl-Wasser-See.
Zur Zeit entweicht aus einer undichten Kaverne am Rande von Los Angeles seit Monaten Gas, tausende von Anwohnern des Villenviertels Porter Ranch wurden evakuiert. Die Reparaturen sollen in ein bis zwei Monaten abgeschlossen sein (5).
Neben den Auswirkungen auf die Anwohner haben solche Unglücksfälle erhebliche Bedeutung durch die Verschmutzung von Boden und Luft. Das entweichende Methan ist extrem klimaschädlich und beschleunigt den Klimawandel erheblich. Die täglich entweichende Gasmenge in Los Angeles entspricht ungefähr der Umweltbelastung von über drei Millionen Autos, die einen Tag auf der Straße unterwegs sind (5). Der Störfall wird als der gravierendste seit der Explosion im Feld „Deep Water Horizon“ (Golf von Mexiko, 2010) angesehen.
Das letzte Kapitel einer Kavernenanlage ist ihre Stilllegung. Bisher gibt es damit keine Erfahrungen. Versuche wurden angestellt, Bohrschlamm in Kavernen zu deponieren. Es gibt die Idee, die Kaverne einfach mit Sole zu fluten und dann zu verkapseln. Man könnte auch Haushaltsabfälle aus Verbrennungsanlagen einlagern. Alle diese Vorstellungen sind nicht so sicher, wie man es sich wünscht. Die Dynamik des Salzstocks verändert den Hohlraum, er wird zusammengepresst, und wohin Wegsamkeiten entstehen, ist schwer vorherzusehen. Allerdings hat ein Salzstock den Vorteil, durch seine Plastizität keine Risse o.ä. zuzulassen. Aber es ist wasserlöslich, und diese Eigenschaft hat bei anderern Endlagern (Asse) schon zu erheblichen Propblemen geführt.Die alten Bohrlöcher, aus denen früher am Sottorfer Salzstock Öl gefördert wurde, machen das Ambiente in Sottorf nicht sicherer. Hier gilt es aufmerksam zu bleiben – spätestens wenn der Betreiber einen Abschlussbetriebsplan vorlegt. Wer letztendlich für die Zeit nach der Betriebsstilllegung finanziell geradesteht, ist nicht wirklich klar. Letztlich wird es wohl wie so oft die öffentliche Hand sein. Oder wir bezahlen über den Erdölbevorratungsobulus beim Benzin weiter…
Es heißt wachsam bleiben. Und, wie der Grüne Volkmar Block als Veranstalter in seiner Schlussbemerkung zutreffend im Bild blieb: Nachfragen und bohren, bohren, bohren!
(1) http://www.rettet-die-elbe.de/elbvertiefung/versalz.htm
http://www.kreiszeitung-wochenblatt.de/luehe/panorama/strandkrabben-in-bassenfleth-ein- zeichen-fuer-die-versalzung-der-elbe-d21031.html
vgl. auch den Beitrag auf dieser Homepage am 22.März 2015
(2) http://www.nwkg.de/standorte/sottorf.html
(2a) http://www.weser-kurier.de/startseite_artikel,-Diese-Kavernen-sind-gesichert-_arid,725777.html
(3) http://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/presse/2014/04/064_14/index.php
(4) http://www.wn.de/Muensterland/Kreis-Borken/Gronau/2075092-Anfrage-Oelkaverne
(5) http://inewsource.org/2016/01/18/decrease-in-l-a-methane-leak-flow
(Ingo Engelmann)