Erneut saßen Vertreter niedersächsischer BIs gegen Fracking beim LBEG, um dieses Mal mit dem neuen Präsidenten der Behörde, Herrn Andreas Sikorski, und Mitarbeitern zu sprechen. Der neue Präsident war nicht zuletzt vor einem Vierteljahr ins Amt gekommen, um die Arbeit des LBEG transparenter zu machen und Öffentlichkeit stärker einzubinden. Wir waren gespannt.
Erneut war aber festzustellen: Wenn BIs und LBEG aufeinander treffen, gibt es regelmäßig einen Kulturschock. Emotionalität und Spontaneität von BI-Vertretern in der Debatte sind nicht Sache des LBEG, und die Inis sind irritiert über die Mentalität des LBEG: Wir helfen doch nur, das auszufüllen, was die Politik uns vorgibt. Die Gesetze binden uns und wir führen nur aus.
Die Praxis der Erteilung von Aufsuchungserlaubnissen war das erste Thema. Hier zogen sich Sikorski und sein Bergdirektor Söntgerath auf die Rechtslage zurück: Die Übernahme der Aufsuchungserlaubnis der Phantomfirma Blue Mountain Exploration durch ihre real existierende Schwester Kimmeridge sei rechtens, ohne dass Kimmeridge einen neuen Arbeitsplan vorlegen oder sonstige neue Angaben machen müsse. Es reiche, dass die Firma nachweisen kann, dass sie in dem Arbeitsfeld bereits tätig war (wo und in welcher Weise blieb wie immer offen). Sicherheitsleistungen für Abwicklung der Arbeitsstätten oder eventuelle Notfälle würden erst erforderlich, wenn konkrete Eingriffe in die Umwelt stattfinden sollen (seismische Untersuchungen, Probebohrungen und –fracks). Dazu sind dann Betriebspläne vorzulegen, und die müssen auch bezüglich der Sicherheitsleistungen bewertet werden. Bei der Aufsuchungserlaubnis gehe es zunächst ja nur um Schreibtischarbeit: Unterlagen sichten, Gesteinsproben anderer Firmen aus dem fraglichen Gebiet prüfen usw. Nicht ausgeräumt sind die Zweifel, ob nicht Betriebspläne ähnlich freundlich durchgewunken werden wie Aufsuchungserlaubnisse.
Deutlicher wurde Herr Sikorski bei der Frage nach den überaus weitgehenden Schwärzungen in dem Aufsuchungsantrag, die Kimmeridge vorgenommen hatte: Das sei alles Betriebsgeheimnis, gehe die Öffentlichkeit nichts an. Das sei eben rechtlich so, teilte Herr Sikorski mit, und stellte fest: wenn jemand damit nicht einverstanden ist, sehe er in aller Ruhe der Klärung durch ein Veraltungsgericht entgegen, das sei ja dann der normale Weg. Im Klartext: wenn die BIs die Vernebelungstaktik der Firma nicht hinnehmen wollen, sollen sie doch klagen. Das LBEG habe nur seine Arbeit gemacht. Wie erfrischend war es da noch vor einiger Zeit; als es wenigstens mal einen Mitarbeiter im LBEG gab, der sagte: Ich finde das viel zu weitgehend, was da geschwärzt werden soll, und wir versuchen, möglichst viel freizugeben, das sei eben ein Konflikt mit der Firma Blue Mountain alias Kimmeridge. Plötzlich war der Ton rauer geworden.
Das LBEG kann selbst mit seiner begrenzten Mitarbeiterzahl nur eingeschränkt selbst handeln, wenn es um Bodenproben und andere Messungen an Bohrplätzen geht. Wo Gefahrenabwehr gefordert ist, muss es selbst tätig werden – wenn es aber darum geht, etwas mehr Klarheit darüber zu gewinnen, ob beispielsweise bei Quecksilberverunreinigungen rund um die Bohrstellen ein Handlungsbedarf entstehen könnte, dann läuft das anders: Das LBEG beauftragt die Firma, Messungen auf deren Kosten zu veranlassen. Die Firma beauftragt dann einen nach §18 Bundesbodenschutzgesetz anerkannten Gutachter ihrer Wahl, und dessen Ergebnisse werden dann dem LBEG zur Prüfung vorgelegt. Es gab heute keine Einigkeit darüber, dass es besser wäre, das LBEG sucht den Gutachter aus (um zu vermeiden, dass irgendein Schatten des Verdachts entsteht, die Firma könnte sich einen gewogenen Gutachter aussuchen). Nachteil dieser Gutachter-Regelung: die Messergebnisse gehören der Firma, und das LBEG kann sie nicht veröffentlichen. Transparenz kann so nicht entstehen.
Keine Einigkeit bestand auch beim Umgang mit Schadensfällen: Beispielsweise hat Exxon für den Transport von Lagerstättenwasser Rohre eingesetzt, aus denen Benzol austrat. Konsequenz war aber nicht, dass die Sonderbetriebserlaubnis zurückgezogen wurde, sondern es wurde über verschiedene Auflagen der Austausch der Rohre angeordnet. Die Betriebserlaubnis gilt weiter. Wie weit Exxon mit dem Austausch der über mehrere hundert Kilometer laufenden Rohre vorangekommen ist, bleibt unklar. In einer Diskussion zwischen BI-Vertretern und einem Exxon-Mitarbeiter bei Radio Bremen verfestigte sich vor kurzem der Eindruck, dass Exxon hier zumindest auf Zeit spielt. Und, so der Eindruck auch im heutigen Gespräch: das LBEG hält nicht so dagegen, wie es nach Ansicht der BIs erforderlich wäre.
Herr Sikorski machte aber auch deutlich, dass das LBEG an einer sachgerechten Erfüllung seiner Aufgaben durchaus interessiert sei. Dafür seien klare Rahmenbedingungen hilfreich. Ob die Bundesratsinitiativen des Landes Niedersachsen hier zeitnah Abhilfe schaffen könnten, ist schwer abschätzbar. Der LBEG-Chef setzt mehr auf Erlasse, die das Land schneller und autonomer umsetzen kann, statt auf künftige Gesetze zu bauen. Es klang durch, dass er hier durchaus Unterstützung der Öffentlichkeit begrüßen würde. Die BIs hielten sich da sehr bedeckt…
Überhaupt nehme das LBEG Hinweise aus er Öffentlichkeit oder den Medien ernst. So habe es vor kurzem Meldungen geben, dass Betriebsplätze bei Gasförderung oder Kavernenlagerung nicht so gesichert waren wie vorgeschrieben. Daraufhin seien fast hundert solcher Plätze von LBEG-Mitarbeitern inspiziert und die festgestellten Mängel seien von den Betreibern schnell abgestellt worden. Das Thema niedergetretener Zäune oder offen stehender Tore sei seitdem vom Tisch. Die BIs wollten aber die Rolle des LBEG nicht so reduzieren, dass neben den Schildern mit Notfalltelefonnummern der Firmen, die an vielen Bohrplätzen hängen, noch ein Schild des LBEG angebracht wird: Bei Unregelmäßigkeiten wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihr Landesbergamt unter der Nummer…
Aufmerksam nahmen die BI-Vertreter zur Kenntnis, dass es auch im LBEG Überlegungen gibt, wie ein Konzept zur Gefahrenabwehr aussehen könnte und welche Kontrollstrategien einzusetzen seien. Die dringliche Bitte, diese Fragen auch mit BIs zu erörtern, und sie nicht ausschließlich in der internen Behördenabstimmung kreisen zu lassen, verhallte ohne erkennbare Resonanz.
Das Gespräch war zunächst auf anderthalb Stunden festgelegt worden. Letztendlich verließen die BI-Vertreter nach drei Stunden das Gebäude. Die gefühlte Zielsetzung des Gesprächs von Seiten des LBEG, Vertrauen zu stärken und einen Dialog aufzunehmen, bleibt weiterhin eine Option für die Zukunft – eingelöst wurde sie heute noch nicht. Immer wieder läuft das LBEG den Ereignissen hinterher, die BIs fordern die Behörde nachdrücklich auf, ihre Verantwortung aktiver wahrzunehmen. Dazu kann beispielsweise beitragen, dass die Genehmigungsaufgaben von der Kontrollfunktion getrennt werden.
(Dies ist ein erster Vorab-Bericht. Es ist noch keine abgestimmte Würdigung durch die teilnehmenden Vertreter der BIs aus Lüneburg, Uelzen, Kreis Harburg und Genuk e.V.)
Ingo Engelmann
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