GdF Suez : Schon einmal enteignet

Es ist gut, wenn man weiß, mit wem man es zu tun hat. Im Kreis Harburg wird Öl gefördert von GdF Suez, und zwar im Norden, an der Landesgrenze zu Hamburg. Ein Firmenprofil dieses Unternehmens ist hier nicht geplant – es geht eher um eine atmosphärische Skizze, Streiflichter aus der Welt der großen Firmen.
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In dem Öko-Thriller „Durst“ erwähnt der italienische Autor auf Seite 413 die führenden fünf Firmen des Weltmarktes für Wasser. Die mächtigste, Intha Water, findet man nicht im Internet, weil um sie dreht es sich in dem Thriller – und sie ist erfunden. Die anderen vier gibt es tatsächlich: Nestlé, Thames Water, Veolia und Suez. Thames Water ist mittlerweile von Kemble Water übernommen und gehört einer australischen Fonds-Gesellschaft. Nestlé kennt jeder – z.B. als Produzenten und beinharten Vermarkter von Milchpulver für Bevölkerungsgruppen in Afrika, die sich das gar nicht leisten können. „Nestlé tötet Babys“ war der entsprechende Slogan in den siebziger Jahren. Seitdem kauft „man“ keine Nestlé-Produkte mehr. Nestlé ist auf der Forbes-Liste der weltgrößten Firmen trotzdem immer noch die Nummer 32 (obwohl ich keinen Nescafé trinke, auf Perrier verzichte und weder Buitoni –Nudeln noch Findus-Tiefkühlkost verwende). Die französische Firma Veolia ist Weltmarktführer mit ihrer Wassersparte, Nummer zwei ist die entsprechende Tochter der Versorgungsfirma Gaz de France Suez, abgekürzt GdF Suez.
Die GdF Suez gibt es in dieser Form seit 2008. Der Betriebsteil „Suez“ wurde von F. Lesseps gegründet, dem Erbauer des Suez- Kanals (eröffnet 1869). Weitere Kanalbaupläne in Panama scheiterten, dort schafften erst die US-Amerikaner den Durchbruch. 1956 wurde das Suez-Kanal-Unternehmen vom ägyptischen Ministerpräsidenten Nasser enteignet. Suez trieb sich ein bisschen auf dem Bankensektor herum und übernahm die Wasserfirma „Lyonnaise des Eaux“. Damit jetzt die italienische Enel die franzözische Suez nicht übernimmt, wurde 2008 eine Fusion von Suez mit dem halbstaatlichen Energieunternehmen Gaz de France beschlossen. Das neue Unternehmen ist jetzt der Weltmarktführer in Sachen Flüssiggas. Und so kommen Trinkwasser und Öl/Gas zusammen. Passt ganz gut, könnte man meinen, weil die Ölsparte nun sicherlich darauf achtet, ja keinen Schaden am Trinkwasser heraufzubeschwören. Aber eine Weltfirma ist kein Umweltschutzverband, und GdF Suez ist nach wie vor Nummer 95 auf der Forbes-Liste der größten Firmen.
Da muss man sehen, wo man bleibt. In Lingen/Emsland will GdF Suez nach Erdöl und Erdgas suchen. Leider liegt das entsprechende Gebiet in einem Naturschutzgebiet. „GDF Suez will von den Anforderungen der Schutzgebietsverordnung für das Naturschutzgebiet „Neuringer Wiesen“ in der niedersächsischen Gemeinde Twist befreit werden, um Öl- und Gasvorkommen auf ihre Ausbeutbarkeit hin zu untersuchen. Die geophysikalischen Untersuchungen beinhalten insbesondere Sprengungen im Naturschutzgebiet. Angesichts der vagen Angaben im Antrag kommt für die Zukunft auch eine Anwendung von Fracking in Betracht. Gerade eine derartige Förderung halten die Verbände aus naturschutzfachlicher Sicht für nicht vertretbar.“ http://www.gegen-gasbohren.de/2014/01/09/lingen-emsland/ Aber woher soll das Geld denn kommen? Noch spürt man bei GdF Suez, dass der Geldbeutel schmaler ist. Erst 2009 wurde von der EU eine Strafe von zweimal 553 Millionen Euro verhängt, weil Gdf Suez Preisabsprachen mit E.on getroffen hatte. Jede der beiden Firmen musste eine halbe Milliarde löhnen. Das hat man nun davon, wenn man eng und vertrauensvoll zusammen arbeitet wie GdF Suez und E.on, die sich schon viele Firmen und Werke hin und her verkauft haben, um die Interessengebiete zu arrondieren.
Da ist es immer wieder von Vorteil, wenn man nicht immer direkt erkannt wird. Zu diesem Zweck werden Firmen zusammengeschlossen, Namen geändert und irgendwann weiß keiner wer, wer denn nun wer ist. Ein Beispiel ist die GdF Suez-Tochter Cofely, die im Bereich Energieberatung,- optimierung und –management tätig ist. Die Firma geht zurück auf das 1834 gegründete Unternehmen der Gebrüder Sulzer in Ludwigshafen. Es gibt Tochterunternehmen und Zukäufe, und 1914 wird die Sulzer Holdinggesellschaft gegründet. Jahrzehnte später wird daraus die Gebrüder Sulzer AG (1968). Die Sparte Betriebs- und Gebäudetechnik wird unter dem Namen Sulzer Infra verkauft, und nun kommt Suez ins Spiel. Die haben eine belgische Tochter namens Fabricom und da wird Sulzer Infra eingebaut und heißt nun Axima. 2005 erfolgt ein erneuter Umbau und wir finden den Bereich wieder in der Suez Energy Services Germany GmbH. 2006 überlegt man es sich erneut und ruft Axima wieder auf den Plan: ab 2008 Axima Deutschland GmbH. 2009 kommt dann die finale „Marken-Harmonisierung“ (http://www.cofely.de/de/unternehmen/) statt und nun firmiert das Ganze unter Cofely Deutschland GmbH.
Das hat mit Fracking und Öl- oder Gasförderung nicht direkt zu tun. Aber es sind diese merkwürdigen Usancen, mit denen wir „Normalbürger“ oft zu unserer Überraschung konfrontiert sind, wenn wir Einblick in die Welt der Firmen suchen. Und das Namen-Verwirrspiel kennen wir aus der Beschäftigung unserer BI mit „Blue Mountain Exploration LLC“, von der wir bis heute nicht wissen, wozu diese Firmenfassade dient und warum die Besitzer so eine Geheimnistuerei darum veranstalten. Vielleicht gehört es einfach zum Spiel: so eine Art Firmen-„Was-bin-ich“? Robert Lembke, übernehmen Sie…
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Ansonsten sind die Bohrplätzer von GdF Suez immer daran zu erkennen, dass sie im Vergleich zu Firmen, die ihr Image pflegen und hübschen (wie z.B. Exxon) immer ein wenig unaufgeräumter und abgenutzter erscheinen. Das ist auch in Beckedorf (Gemeinde Seevetal) so. Dort befindet sich eine Betriebsstelle sowie ein Bohrplatz von GdF Suez, deren Tätigkeitsfeld in Sinstorf ansonsten auf Hamburger Gebiet ist. Die Erdgasspeicher von Suez sind (bis auf wenige Ausnahmen im Alpenvorland) in Norddeutschland (Harsefeld, Reitbrook usw.). Fördergebiete von GdF Suez sind auch viele in der Altmark (Sachsen-Anhalt) und im Wendland.

(Fotos kommen erst, wenn diese wordpress-Software meine uploads nicht mehr boykottiert… -ie)

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