Gift in der Nachbarschaft

DSC_6470 Die BI „Kein Fracking in der Heide“ verfolgt aufmerksam, wie im Nachbarkreis Rotenburg mit den seit Jahrzehnten sich anhäufenden Problemen des Gasbohrens umgegangen wird. Wir waren daher auch dabei, als die Rotenburger Bürgerinitiative „Frackloses Gasbohren“ zu einem Erfahrungsaustausch und einer anschließenden Demonstration an der Bohrstelle Bötersen Z11 eingeladen hat. Fast hundert Gegner des wasserbedrohenden Gasbohrens trafen in Hassendorf zusammen, lauschten Vorträgen aus der Sicht der Wasserbeschaffungsverbände (Gasbohren beschädigt unsere Trinkwasserversorgung!) und über den Klageweg gegen LBEG und RWE, den eine BI aus Völkersen bei Verden beschreitet. In der Diskussion kam deutlich zum Ausdruck, dass gegen die Machenschaften von Exxon, RWE und GDF Suez (das sind die Haupttäter) mit härteren Bandagen gekämpft werden muss. Gespräche sind ja (wie jeder weiß) eigentlich immer nützlich bzw. man kommt nicht darum herum, miteinander zu reden. Aber wenn Gespräche mit den Betreibern (Runder Tisch Rotenburg, eine Exxon-Show), mit Behörden (z.B. LBEG) und Ministern (z.B. Habeck, Wenzel) allzu deutlich nur Alibi-Charakter haben, dann geht schon ein Teil der BI-Vertreter zu so etwas gar nicht mehr hin. Andere haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Dinge sich auch bewegen können: das LBEG hat einen neuen Präsidenten, Herrn Sikorski, und der soll angeblich Offenheit und Transparenz mitbringen. Über ein Dutzend Vertreter von BIs aus Norddeutschland und Hamburg werden am Mittwoch, 26.2.14, die Gesprächsfähigkeit der LBEG – Verteter erproben. Was kann, was will Herr Söntgerath zu einer bürgerorientierten Vorgehensweise des LBEG bei Aufsuchungserlaubnissen beitragen?

In Rotenburg entzündet sich die Aueinandersetzung derzeit am AK Erdöl- und Erdgasförderung, einer Arbeitsgruppe, die dem Umweltausschuss des Kreistages zuarbeitet und sich aus verschiedenen Interessengruppen unter Einschluss der Bürgerinitiativen zusammensetzt. Nach drei Sitzungen soll nun von diesem Arbeitskreis eine Empfehlung abgegeben werden (Vorschlag Kreisverwaltung), in der das Reizthema Lagerstättenwasser entschärft werden soll.

Das LBEG wird aufgefordert die Genehmigungsinhaber/Betreiber der Versenkbohrstellen zu verpflichten, die Vorgänge im Untergrund beim Versenken von Lagerstättenwasser umfassend zu überwachen. Die Überwachung muss sich erstrecken auf:

a)    die Ausbreitung des Lagerstättenwassers im Versenkhorizont selbst

b)   den tiefsten süßwasserführenden Grundwasserleiter über dem Versenkhorizont.

Hierfür ist umgehend ein Überwachungskonzept zu erarbeiten. Die Betriebspläne sind entsprechend anzupassen. Die Versenkung von Lagerstättenwasser ohne entsprechende Überwachung darf ab dem Jahr 2016 nicht mehr zulässig sein.

So lautet die aktuelle Beschlussvorlage, über die im Umlauf (d.h. ohne Diskussion) entschieden werden soll. Die BIs haben schon klar gemacht, das sie einen solchen windelweichen Text nicht mittragen werden. Wer glaubt denn im Ernst, das Problem der Verpressung von Lagerstättenwasser werde sich durch Überwachung lösen lassen? Soll man einfach zugucken, wie die Rotenburger Rinne und andere eiszeitliche Gräben durchlöchert wird und alles reintröpfeln kann, was will? Die Nur-Zugucker sind doch arm dran.  In Psycho-Kreisen nennt man sie „Voyeure“: Das sind die, die nur gucken und daraus ihren Lustgewinn beziehen, aber nicht selbst aktiv werden. Das fällt unter die Überschrift „Perversionen“. Wir wollen nicht nur zugucken. Die Verpressung von Lagerstättenwasser muss aufhören, und zwar nicht erst in zwei Jahren oder so. Da muss gehandelt werden. In Aktivistenkreisen wird schon diskutiert, dass man (wenn sich keiner zuständig fühlt und keiner handeln will)  selbst das Heft in die Hand nehmen muss: Die Verpressbohrungen werden vorwiegend von Lastern beschickt. Laster brauchen Straßen. Und wenn die Straße nicht frei ist?…

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Der Ton wird rauer, auch in der Anti-Gasbohr-Szene. Man will sich nicht dauerhaft immer wieder verschaukeln und vertrösten lassen. Die Wut wächst. Es wäre in dieser Situation nützlich, wenn sich Politik und Verwaltung in der Lage erweisen würden, zuzuhören und zu lernen. Es ist ja bekannt, dass Politiker sich um so viele Themen kümmern, dass sie von den einzelnen Bereichen nicht wirklich alles wissen können. Aber dann müssen sich lernbereit zeigen. Fracking wird heute von den Unternehmen in vielen verschiedenen Bedeutungen verwendet, je nachdem, was ihnen gerade in den Kram passt. Von unkonventionellen und konventionellen Lagerstätten  wird gesprochen, je nachdem was man begründen will. Hauptsache, die Produktion (die derzeit sinkt) wird wieder hochgefahren, damit der Profit nicht auch noch sinkt. Die Bürgerinitiativen klären über diese Sprachverwirrspiele und die Interessengegensätze  auf. Sie artikulieren den Widerspruch der Bürger, und die sind nach wie vor gegen Fracking und Vergiftung des Bodens duch Lagerstättenwasser.

Exxon, RWE und GDF Suez – hört auf mit dem Bohren! Politiker – lasst Euch von der Wirtschaft nichts vormachen! Behörden – arbeitet im Interesse der Bevölkerung! Die Bürger zahlen mehr Steuern als Exxon und Co, viel mehr. „Alle zehn Jahre ein großer Mann. / Wer bezahlte die Spesen?“ fragt Brecht in seinen „Fragen eines lesenden Arbeiters“. Wir haben genug gelesen.

(-ie)

 

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