Offener Brief an Michael Grosse-Brömer, MdB (CDU), Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Abgeordneter für den Landkreis Harburg
Sehr geehrter Herr Grosse-Brömer,
zur Zeit findet die ministerielle Abstimmung über die Gesetzesvorhaben zu Fracking und Gas-Bohren in Deutschland statt. Dem Vernehmen nach stößt der Entwurf der Fachministerien (Umweltministerium, Wirtschaftsministerium) auf Widerspruch im Bundeskanzleramt und in Kreisen der CDU. Das Hamburger Abendblatt berichtet am 7.11.2014 („Kampf ums Fracking geht erst los“), dass die vorgesehenen Beschränkungen beim Schiefergasfracking „einigen Wirtschaftspolitikern in der CDU“ zu weit gehen.
Schon vor anderthalb Jahren hatten wir mit einer kleinen Gruppe aus dem Sprecherrat der BI „Kein Fracking in der Heide“ Gelegenheit, mit Ihnen ausführlich über die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung von Boden und Trinkwasser gegen Gefahren durch Bohrungen, Fracking und Lagerstättenwasser zu sprechen. Sie äußerten Vorbehalte gegenüber den neuen Frack-Technologien speziell im Schiefergestein. Damals verwiesen sie darauf, dass weitergehende gesetzliche Maßnahmen zur Sicherung von Trinkwasser und Böden durch den damaligen Koalitionspartner FDP verhindert würden.
Anknüpfend an unser Gespräch vom Mai 2013 bitten wir Sie, sich in der politischen Abstimmung über die notwendigen gesetzlichen Änderungen dafür einzusetzen, dass die Weichenstellungen nicht die Versorgung unserer Kinder und Enkel mit gutem Trinkwasser gefährden. Verbale Deklamationen, niemand wolle das Wasser gefährden, reichen uns bei weitem nicht aus. Die Weichen dürfen auf keinen Fall so gestellt werden,
dass Fracking sogar in Schiefergestein ermöglicht wird. Laut Abendblatt erwartet die Industrie eine verlässliche Perspektive für die kommerzielle Nutzung von Schiefergas. Nur dann sei es vertretbar, die vielen offenen Fragen bezüglich der Fracking-Risiken z.B. durch weitere wissenschaftliche Untersuchungen zu bearbeiten (und hierfür Geld einzusetzen). Eine solche Perspektive (die dann womöglich zu einklagbaren Bewilligungszwängen führt) kann keinesfalls zugesichert werden. Wir als Bürgerinitiative für den Landkreis Harburg fordern, dass die grundgesetzlichen Prinzipien der Vorsorge sowie der im Wasserhaushaltsgesetz festgeschriebene Besorgnisgrundsatz eingehalten und umgesetzt werden.
Wir haben in den letzten Jahren immer wieder erschreckende neue Details aufgedeckt und erkennen müssen, dass schon der alltägliche Betrieb der konventionellen Gas- und Ölförderung zahlreiche Risiken beinhaltet. Störungen und Unfälle sind nahezu an der Tagesordnung. Erhöhte Quecksilberwerte im Nachbarkreis Rotenburg, bisher ungeklärte Erkrankungshäufigkeiten bei bestimmten Krebsarten im Umfeld von Bohrplätzen, zahllose und großenteils unbekannte Altlasten im Bereich der Bohrschlammlagerung, ungeklärte Gefährdungen durch die übliche Versenkung von Lagerstättenwasser in die Böden, undichte Rohre und gefährliche Gasabfackelung – die Liste der Besorgnisse ist lang. Wir erwarten von der gesetzlichen Neuregelung der Fracking- und Gasfördertechnologie nachhaltige Lösungen. Das von den Ministern Hendricks und Gabriel vorgelegte Eckpunktepapier geht den BIs hier in manchen Punkten nicht weit genug. Beispielsweise ist für uns im Kreis Harburg wichtig, sich nicht ausschließlich auf die Gasförderung zu beziehen. Sonst könnten plötzlich Frackingverfahren in der bei uns anstehenden Ölgewinnung im Posidonienschiefer erlaubt sein. Auf keinen Fall werden wir Abstriche von den im Eckpunktepapier skizzierten Regelungen hinnehmen, erwarten aber weitere Präzisierungen.
Am Ende des Gesprächs vor anderthalb Jahren hatten wir gemeinsam festgestellt, dass auch künftig Gesprächsbedarf besteht und wir unseren Austausch zum gegebenen Zeitpunkt fortsetzen sollten. Gern kommen wir auf diese Planung zurück und werden Ihnen unsere Position persönlich vermitteln.
Für den Sprecherrat der BI „Kein Fracking in der Heide“
Ingo Engelmann
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