Hamburger Wasserwerke gegen Fracking (zumindest ein bisschen)

Soll man wirklich an Zufall glauben? Bisher waren die Hamburger Wasserwerke eher zurückhaltend mit Äußerungen zum Fracking. Ja, als Wasserversorger hatten sie ihre Vorbehalte, aber das sagten sie möglichst nicht allzu häufig. Vor knapp zehn Tagen veröffentlichte die BI „kein Fracking in der Heide“ ihre Einwendungen gegen einen langfristigen Vertrag zur Trinkwasserentnahme in der Nordheide, mit dem die HWW ungefähr 12 Prozent der Hamburger Wasserversorgung abdecken („Heidewasser und Ölgefahren“, (1)). Und wenige Tage später stehen der HWW-Chef und seine Kollegin vom Verband kommunaler Unternehmen der WELT ausführlich Rede und Antwort (2). Fracking in Wassereinzugsgebieten soll verboten werden, sagen sie. Und: Lagerstättenwasser muss oberirdisch entsorgt werden. Das klingt gut. Aber sie sagen auch: Wir brauchen jetzt eine schnelle Lösung, und der vorliegende Kompromiss der Bundesregierung ist besser als gar nichts. Das klingt schlecht. Denn von den vollmundig vorgetragenen Forderungen der Wasserversorger ist nur ein Bruchteil im vorliegenden Regierungsentwurf umgesetzt.

Die WELT illustriert den Beitrag mit einer von den Wasserwerken zur Verfügung gestellten Grafik. Die ist nur teilweise aktualisiert: Die Aufsuchungsfirma in den nordniedersächsischen Feldern Oldendorf und Lüneburg heißt schon lange nicht mehr Blue Mountain Exploration, sondern die Erlaubnis ging im März 2014 auf die Kimmeridge GmbH über, Tochter der amerikanischen Kimmeridge Energy. Diesen Übergang hatten die HWW zwar schon 2013 auf ihrer Internetseite mit großer prophetischer Kompetenz (oder schlicht Insiderwissen) angekündigt, aber offensichtlich keine Zeit gefunden, ihre Grafik anzupassen.

So wirkt die öffentliche Äußerung der HWW seltsam überhastet und nicht ausreichend unterfüttert. Sollten die HWW erst jetzt realisieren, dass es in einem Teil ihres Wasserwerks Nordheide eine Nutzungskonkurrenz zwischen Trinkwasser und Erdöl geben könnte? Die Risiken einer Verschmutzung von trinkwasserführenden Schichten sind dabei nur ein Aspekt von mehreren. Es geht auch um die Konkurrenz bezüglich der Wasserreservoirs, denn Fracking braucht viel Wasser, und das müsste eventuell genau dort entnommen werden, wo die Hamburger ihr Trinkwasser herbekommen. Naturschutzverbände weisen bereits darauf hin, dass die Wasserentnahme mit dem großen Schluck der HWW, der Bewässerung der Felder und der Wasserversorgung für die ansässige Bevölkerung ausgereizt ist. Wenn der Industriebedarf der Ölförderer noch hinzu kommt, wird es eng. Wenn diese Risiken den HWW erst jetzt deutlich werden, wird nachvollziehbar, warum die HWW jetzt hektisch werden, so auf die Tube drücken und lieber gestern als heute ein neues Gesetz zur Regulierung von Fracking wollen – egal, wie löcherig es dann ist.

Aber wir von den BIs kennen die Risiken seit langem und haben darauf zur Genüge hingewiesen. Die HWW und der VKU gehen in ihren Forderungen zum Teil  weit über die Berliner Pläne hinaus: Kein Fracking in Wassereinzugsgebieten (die wesentlich größer sind als Wasserschutzgebiete), kein Anzapfen von Öllagerstätten unter Schutzgebieten mit Hilfe der Horizontalbohrtechnik, kein Verpressen von Lagerstätten- und Produktionswasser. Dass sie dann wieder zurückrudern („…der jetzige Kabinettsentwurf… besser als die jetzige Situation…“) bedauert die BI „Kein Fracking in der Heide“. Den HWW ist zu wünschen, dass der Besinnungsprozess andauert und die Position etwas gefestigter und logisch geschlossener wird. Es geht nicht darum, ein möglichst schnelles, sondern ein möglichst gutes Gesetz zu erreichen. Dann könnten sich die Wasserversorger als echte Bündnispartner der Bewegung gegen Fracking präsentieren.

  1. http://www.kein-fracking-in-der-heide.de/heidewasser-und-oelgefahren/ (18.11.2015)

  1. http://www.welt.de/regionales/hamburg/article149301503/Wasserbranche-will-Fracking-Gesetz-moeglichst-bald.html (DIE WELT, 26.11.2015)

(Ingo Engelmann

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