Das Aufsuchungsfeld Sittensen erstreckt sich über ca. 300 Quadratkilometer zwischen Zeven im Nordwesten, , Heidenau im Nordosten und Helvesiek im Süden. Das Gebiet ist agrarisch bewirtschaftet und zeichnet sich durch eine ausgesprochen moorige Beschaffenheit aus. Am bekanntesten sind das Tister Bauernmoor bei Sittensen und das Hatzter Moor etwas westlich davon. Aber auch in dem kleineren Teil des Aufsuchungsfeldes, der auf dem Gebiet des Landkreises Harburg liegt, finden sich zahlreiche Moore und andere geschützte Gebiete: Vom Großen Everstorfer Moor im Norden über das Große Moor bei Wistedt und Teile des Naturschutzgebietes Tiefenbruch bis zu einem Teil des Naturschutzgebietes Obere Wümme.
Das Große Everstorfer Moor gehört zu den Raststätten der Kraniche, die im Frühjahr und Herbst besonders auch im Tister Moor übernachten und zahlreiche Vogelfreunde in der Dämmerung anziehen, wenn morgens die Kraniche starten und abends zur Nachtruhe einfliegen.
Kraniche über Sittensen (Engelmann 2014)
Wer einmal das Spektakel eines Sonnenaufgangs am Tister Moor erlebt hat, wenn Tausende und Abertausende von Kraniche trompeten und einen frühmorgendlichen Lärm wie auf einem Rummelplatz veranstalten, wird das nicht vergessen. Im Everstorfer Moor geht es etwas ruhiger zu. Das Naturschutzgebiet Tiefenbruch (Gemeinde Wistedt), das vom Aufsuchungsfeld Sittensen zu einem Teil überlagert wird, gehört zu den Brutgebieten des Rotmilans („Gabelweihe“), der im Jahr 2000 nicht zuletzt aufgrund seiner zurückgehenden Population in Deutschland international zum „Vogel des Jahres“ ernannt wurde.
Moorgebiete gehören traditionell zu den beliebten Aufsuchungsorten für Öl- und Gassucher. Gleichzeitig ist hier die Bodenbeschaffenheit so instabil, dass Bohrversuche besondere Risiken für den Wasserhaushalt mit sich bringen. Umso empörender ist der Fund von Altlasten wie benzolhaltigen Bohrschlämmen z.B. bei Stemmen, direkt am Rand des Naturschutzgebietes Tister Bauernmoor (NDR-Fernsehen und die Presse berichteten, Bericht auf dieser Homepage am 2.11.14).
Aufsuchung ist ein Prozess, der mit Aktenstudium und Sichtung der vorhandenen Daten beginnt. Welche Bohrungen hat es schon gegeben, wie war die Höffigkeit (Wahrscheinlichkeit, etwas zu finden)? Dann sucht man gezielter weiter: Die Erde wird zum Zittern gebracht und die Echos geben Auskunft über Gesteinsformationen und möglichweise enthaltene Kohlenwasserstoffe (seismische Untersuchungen), außerdem gibt es Probebohrungen (klingt harmlos, ist aber eine umfangreicher, vollständiger Bohrvorgang, ggf. auch mit Fracking). Für diese Maßnahmen müssen Sonderbetriebspläne beantragt werden, die das Landesbergamt (LBEG) zulässt. In diesem Zulasungsverfahren sind die Landkreise und Kommunen zu hören. Ist das passiert, und welche Versuche hat der Landkreis Harburg gemacht, den zweiten und dritten Schritt zum Fracken im Feld Sittensen zu unterbinden? Dazu wurden am 26.11.14 an den Landkreis zwei Fragen gestellt:
1.) Hat der Landkreis Harburg bzw. die Untere Wasserbehörde zu dem Betriebsplan Stellung bezogen?
1.a) Wenn ja: Wie lautet die Stellungnahme zum Sonderbetriebsplan?
1.b) Wenn nein: Aus welchen Gründen gab es keine Stellungnahme?
2.) Welche Einflüsse haben seismische Untersuchungen auf Natur und Umwelt im Landkreis Harburg? Ist unser Trinkwasser ausreichend geschützt?
Nach dem Niedersächsischen Umweltinformationsgesetz(NUIG) muss der Landkreis diese Fragen innerhalb von vier Wochen beantworten. In der Vergangenheit wurden Anfragen nach dem NUIG oftmals nicht oder erst nach längerer Zeit und mehreren Nachfragen beantwortet, vereinzelt wurden Kostenheranziehungen von mehreren hundert Euro angekündigt. Diese Kostenheranziehung sieht das Gesetz tatsächlich vor und erlaubt nur wenige Ausnahmen. Das NUIG ist daher für „arme“ Bürgerinitiativen und ihre ehrenamtlichen Aktivisten ein oft zahnloser Tiger und verliert viel von seinem scheinbar demokratischen Charme. Bei einfachen Fragen (und darum handelt es sich hier) ist allerdings keine Kostenheranziehung vorgesehen.
Mit Interesse erwarten wir die Antworten von Landrat Rempe bzw. seinen Mitarbeitern.
(Ingo Engelmann)