Landesraumordnung: Fracking ausgespart

Jedes Bundesland hat seine eigene Art, Raumordnung zu betreiben, so ist Föderalismus. In Niedersachsen hat man sich in Fracking-Fragen zur Strategie „Augen zu und durch“ entschieden. Man befasst sich mit flächensparender Siedlungsentwicklung, grundzentralen Verflechtungsbereichen, Torfabbau und Logistikzentren. Aber nicht mit Fracking.

Begründung: Solange Regierung und Bundestag in Berlin noch nicht endgültig festgelegt haben, auf welcher gesetzlichen Grundlage Fracking reguliert wird, was erlaubt und was verboten werden soll, solange kann Raumordnung in Hannover nicht vernünftig und verantwortungsbewusst den Rahmen für die künftige Gas- und Ölförderung in Niedersachsen gestalten. Allgemein gilt: Im Landesraumordnungsprogramm wird festgelegt, welche Grundsätze und Zielvorgaben für die bauliche und planerische Weiterentwicklung von Wohnen, Gewerbe und Landschaft gelten sollen. An diese Rahmensetzungen müssen sich dann Landkreise und Kommunen halten. Die Vorgaben der Raumordnung sind rechtlich bindend, Verstöße können geahndet werden. Daher muss Raumordnung auch juristisch klare und eindeutige Festlegungen formulieren, die dann womöglich vor Gericht standhalten.

So hörte sich für die anwesenden BI-Vertreter bei der Anhörung zum Landes-Raumordnungsprogramm heute in Lüneburg die Erklärung an, warum Fracking in den Abschnitten zu Rohstoffsicherung und –gewinnung nicht auftaucht. Ein weiterer Punkt kam hinzu: Bisher wurde Raumordnung immer zweidimensional gemacht. Von Ost nach West und von Nord nach Süd wurde das Land verplant – aber nicht in die Tiefe. Die dreidimensionale Raumordnung, die auch die Nutzung der Erde unter der Oberfläche berücksichtigt, steckt noch in den Kinderschuhen. Insbesondere in der oben skizzierten unklaren Rechtssituation wollte Niedersachsen an diese dreidimensionale Planung jetzt (noch?) nicht ran.

Diese Eröffnung (gemacht am Ende des Anhörungstages) war bedauerlich. Bis dahin war der Tag eher harmonisch verlaufen: eine gut vorbereitete Mannschaft aus dem Landwirtschaftsministerium (von dort aus wird die Raumordnung betrieben) unter Leitung einer breit informierten und souverän agierenden Referatsleiterin hatte den Fragen zahlreicher Planungsfachleute aus Landkreisen und Kommunen gut standgehalten.

Dann wurde am Ende des Tages das Thema Fracking abgesagt. Überraschend war das auch, weil gerade vor wenigen Tagen das nordrhein-westfälische Entwicklungsprogramm (so heißt dort der Raumordnungsplan) durchaus Aussagen zum Fracking machte, auch wenn diese die Fracking-Gegner nicht zufriedenstellten. In NRW soll Schiefergasfracking als Produktionsmethode ausgeschlossen bleiben. Das ist erfreulich. Aber in Sandstein und bei Ölförderung wird Fracking dort nicht untersagt. Das ist nicht nur unerfreulich, es geht einfach gar nicht. Man kann also trefflich streiten über die rheinischen Planungen. Aber sie haben es versucht. Und das sollte in Niedersachsen nicht gehen? Was heute fast nüchtern-sachlich begründet wurde, wirkte dann doch immer mehr wie eine Drückebergerei erster Güte.

Für unsere BI gab es noch ein Seitenthema. Wir hatten vorgeschlagen, zur Sicherung der Trinkwasservorräte die eiszeitlichen Rinnen (im Kreis Harburg die Hanstedter und die Wintermoorer Rinne) im Landesraumordnungsplan zu schützen. Weil dieser Vorschlag von einer BI gegen Fracking kam, wurde unser Anliegen auf den großen Haufen „Fracking“ gepackt und beiseite gelegt. Damit wollte man sich ja nicht befassen, allenfalls eine Sammel-Erwiderung mit den Gründen für die Nichtbefassung mit dem Fracking-Thema irgendwann einmal verschicken. Wir konnten deutlich machen, dass ganz abseits der Frage, ob man denn „Fracking“ raumordnerisch berücksichtigen sollte, unser Anliegen „eiszeitliche Rinnen“ ernsthaft geprüft werden muss. Wir haben das natürlich auch bei der Regionalen Raumordnungsplanung im Landkreis Harburg eingebracht. Vielleicht erklärt sich aber auch das Ministerium diesbezüglich mit einer landesweit gültigen Richtlinie. Eiszeitliche Rinnen spielen nämlich für die Trinkwassersicherung nicht nur im Landkreis Harburg eine entscheidende Rolle.

(Ingo Engelmann)

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