Ministerpräsident bezeichnet Lukoil-Intermezzo als „üblich“

Die Besitzverhältnisse an der Kimmeridge Energy LLC stuft das Landesbergamt als Betriebsgeheimnis ein (s. Bericht über Telefonat mit LBEG-Präsident Sikorski vom 25.09.2016). Anlässlich einer Rundreise des Ministerpräsidenten (MP) Weil hat Renate Maaß, Mitglied im Sprecherat der BI „Kein Fracking in der Heide“, den MP in Stade angesprochen und vereinbarungsgemäß schriftlich ihre Anfrage präzisiert. Weil hat nun antworten lassen, und siehe da, plötzlich ist die Katze aus dem Sack: Kimmeridge Energy Exploration Fund II (KEEF) gehörte zeitweise zum russischen Ölkonzern Lukoil. Im Büro des Ministerpräsidenten bewertet man offensichtlich das Informationsbedürfnis der Bürger gewichtiger als beim LBEG.
Der Ministerpräsident relativiert seine Aussage allerdings: „Auch wenn die russische Ölgesellschaft Lukoil zwischenzeitig Anteile am öffentlichen KEEF oder andren Unternehmen erworben hatte, ist dies nicht entscheidend für die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit.“ Bei Fondsgesellschaften sei „weit gestreutes Anteilseigentum üblich“.
Es ging allerdings nicht um irgendwelche Fonds-Anteile, sondern um sechs Firmen der Kimmeridge-Gruppe, darunter neben der Kimmeridge Exploration Exploration Fund II (KEEF) und auch Kimmeridge Permian (deren Anteile nun vor wenigen Wochen innerhalb der USA für 1,5 Milliarden Dollar verkauft wurden) auch die deutsche Tochter Kimmeridge GmbH. Alle sechs wurden 2014 von Lukoil als Bestandteile ihrer Firma angegeben.
Man kann weder Lukoil (drittgrößter russische Energiekonzern nach Gazprom und Rozneft) noch KEEF als finanzschwach diskriminieren. Es gab in der Vergangenheit im Ölsektor genug zu verdienen. Wie flüssig diese Firmen aktuell sind, ist für uns Laien schwer durchschaubar. Wie das LBEG da prüft, bleibt Behördengeheimnis. Was aber verwundert, ist die Nonchalance, mit der der niedersächsische Ministerpräsident an einer Aussage vorbeischrammt, die den zunehmenden Anteil russischer Investoren am deutschen Energiemarkt bewertet. Es wird von Industriellen wie von Politikern immer mit hohlem Patriotenpathos darauf hingewiesen, wie wichtig es für Deutschland sei, seine eigenen Rohstoffe zu fördern, um die Abhängigkeit von ausländischem, speziell russischem Kapital nicht zu groß werden zu lassen. Tatsächlich aber läuft es genau andersherum: In den letzten Jahren hat die BASF-Tochter Wintershall die Kontakte zur russischen Firma Gazprom intensiviert und ihre Tochter Wingas mittlerweile ganz an Gazprom verkauft. Wingas ist eines der führenden Gashandelsunternehmen Deutschlands. Der RWE-Konzern hat seine Gassparte DEA an LetterOne verkauft, eine Firma des russischen Oligarchen Fridman. Da passt es ins Bild, wenn Lukoil auch am Rande ein bisschen mitmischen will.
Was sagt denn die Politik dazu? Uns ist nichts bekannt, und in seinem Antwortschreiben vermeidet Weil jede Andeutung einer politischen Bewertung.
Aber wir gewöhnen uns an das Schweigen der Lämmer. Die BI „Kein Fracking in der Heide“ hatte unsere Bundestagsabgeordneten gefragt, ob denn die Ölaufsuchung und –förderung in Natura 2000-Gebieten nicht eingeschränkt werden soll . Im novellierten Naturschutzgesetz wird nur die Erdgas-Regulation geregelt, nicht die von Öl. Der Bundestag hatte sich aber eindeutig für eine gleichberechtigte Regulation von Gas und Öl ausgesprochen. Der Bundestagsabgeordnete der CDU und die Abgeordnete der SPD aus unserm Landkreis haben die Frage im September innerhalb ihrer Fraktion weitergeleitet. Seitdem haben wir nichts mehr gehört. Wird Zeit, mal wieder nachzufragen…
(Text: Ingo Engelmann)

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