Nach wie vor wird auf dem Betriebshof Beckedorf der Firma Neptune Energy (ehemals Engie, davor GdF Suez) Methan abgefackelt, das bei der Erdölförderung anfällt. Renate Maaß hat bei Vetretern der Politik angemahnt, diese klimaschädliche Praxis endlich abzustellen – statt davon immer nur zu reden. Wir dokumentieren ihren Brief vom 15. August 2018:
Betreff: Klimaschädliche Emissionen von Begleitgasen bei der Kohlenwasserstoffförderung in Niedersachsen, am Beispiel der Erdölbegleitgase von Neptune Energy, Beckedorf, Kreis Harburg
Sehr geehrte Frau Stadler, sehr geehrter Dr. Miersch,
wie Ihnen aus der Diskussion anlässlich der Wahlveranstaltung in Buchholz am 11.10.2017bekannt ist, beschäftigt mich die seit fast 60 Jahren betriebene Erdölförderung auf dem unbefestigten Betriebsplatz in Seevetal Beckedorf besonders.Die dem Kreis Harburg vorgetragene Forderung nach Luftmonitoring zur Einschätzung der Menge und der Folgen einer jahrzehntelangen Luftbeeinträchtigung durch eine filterlose Notfackel im Betrieb der Erdölförderung in Beckedorf ist noch nicht befürwortet worden. Diese filterlose Notfackel wurde bei der Zulassung des unbefristeten Betriebsplanes am 25.10.1975 genehmigt. Die Menge an mitgefördertem Erdölbegleitgas beträgt lt. Schätzung 4800 Kubikmeter pro Tonne geförderten Erdöls (1). Eine nicht quantifizierte Menge wird nach Angaben des Betriebes für den betriebseigenen Heater genutzt. Die Bevölkerung in naheliegenden Wohngebieten (“Käfersiedlung” in Hamburg-Sinstorf, Beckedorf und Fleestedt) ist von den Auswirkungen des Abfackelns hinsichtlich der Qualität der Atemluft betroffen. Die Forderung nach einem Biomonitoring zur Kontrolle der Luftqualität in den umliegenden Wohngebieten; dies wäre machbar durch Bioindikatoren (VDI-Graskultur und Grünkohl) mit geschätzten Kosten von 3750 Euro pro Jahr, wurde vom Kreis Harburg abgelehnt.
Die Fragen zum Thema Erdölförderung im Landkreis Harburg, unter besonderer Berücksichtigung der AwSV, die eine Verschlechterung der Beschaffenheit des nutzbaren Wassers verhindern soll, sowie zur Verschlechterung der Luftqualität durch das jahrzehntelange unkontrollierte Abfackeln von Erdölbegleitgas durch eine Notfackel am Postweg 205 sind wiederholt vorgetragen worden auf Kreis und Landesebene(WiMi + Mi für Umweltschutz).
Das bisherige Bewilligungsfeld “Sottorf Ost” (befristet bis 30.11.2017) wurde vom Landesbergbauamt geändert, nunmehr mit Namen Bewilligung “Sinstorf” verlängert:
Bewilligungsfeld Sinstorf
Bodenschätze: Kohlenwasserstoffe
Berechtsamsakte: L2.7/L67212/01-17_09
Feldgröße [m²]: 1256200
aktueller Rechtsinhaber: Mobil Erdgas-Erdöl GmbH
Laufzeit der Berechtigung: 30.11.2032
Es wurde deutlich verkleinert und liegt nur noch im Bereich der Gemeinde Seevetal.
Das Bewilligungsfeld Fleestedt wurde verlängert:
Bewilligungsfeld Fleestedt I
Bodenschätze: Kohlenwasserstoffe
Berechtsamsakte: L2.7/L67212/01-02_01
Feldgröße [m²]: 4395958
aktueller Rechtsinhaber: Neptune Energy Deutschland GmbH
Laufzeit der Berechtigung: 31.05.2032
Emission durch Abfackeln von Erdölbegleitgas:
In einem Schreiben vom Landesbergbauamt vom 19.05.2017 konnte die Frage, hinsichtlich der Emission durch Abfackeln von erheblichen Mengen des mitgeförderten Erdölbegleitgases in den letzten 5 Jahren, wie sie bei jedem Besuch in den vergangenen Jahren zu beobachten war, nicht quantifiziert werden. Ebenso konnten keine Angaben gemacht werden, welche Schadstoffe in welchen Mengen aus der Fackelanlage in die Luft gelangten.
Aus dem Infobrief des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages ist zu entnehmen, dass „ Erdölbegleitgas („Associated Petroleum Gas“, APG) ein fossiles Brenngas, dem Erdgas vergleichbar, das meist bei der Erdölgewinnung aus den Erdölbohrungen freigesetzt wird. Je nach Fördergebiet erhält man auf eine Tonne Erdöl bis zu 800 Kubikmeter Gas. Die Bestandteile sind vor allem abhängig von der geografischen Lage sowie Art und Tiefe der Lagerstätte. Das Gas setzt sich zum Großteil aus Methan und typischerweise aus anderen Kohlenwasserstoffen bis zum Hexan zusammen, die bei Raumtemperatur teils flüssig sind, weshalb Begleitgas auch als nasses Gas bezeichnet wird. Außerdem enthält ungereinigtes Begleitgas Wasserdampf, Schwefelwasserstoff, Kohlendioxid, Stickstoff, Edelgase, Schwermetalle und andere Bestandteile.“ (2)
Unter Zugrundlegung dieser Informationen über die möglichen Inhaltsstoffe könnte 2016, bei der jährlichen Erdölförderung im Erdölfeld Sinstorf mit einem Fördervolumen von 6183 t Öl p. A . (3) , eine Menge von 111087 m3 (Vn) Erdölbegleitgas mitgefördert worden sein. Dieses Erdölbegleitgas wird nur in einem Bruchteil, der nicht quantifiziert ist, genutzt und sonst ausschließlich über die Notfackel und die seit 2016 vorhandene Bodenfackel abgebrannt.
Kumulativ wurden seit 1960 im Erdölfeld Sinstorf 54 273 030 m3(Vn) Erdölbegleitgas mitgefördert und über Jahre bis 2016 weitgehend ungefiltert in die Luft emittiert.
Die Bundesregierung ist mit Schreiben vom 12. November 2015 der „Zero Routine Flaring by 2030″ Initiative der Weltbank beigetreten. Sie hat das Ziel, das routinemäßige Abfackeln von Begleitgasen bei der Erdölförderung spätestens bis zum Jahr 2030 zu beenden. Dem Besorgnisgrundsatz folgend, frage ich und bitte Sie um eine gesetzgeberische Initiative
- Wie kann länderübergreifend für einen einheitlichen Schutz der Bevölkerung gesorgt werden?
- Wie kann sichergestellt, dass bei diesen Ländergrenzen überschreitenden Projekten die Umweltstandards eingehalten werden?
- Wie wird die Emission über die unkontrollierte quantitative und qualitative Freisetzung klimaschädlicher Gase auf dem Betriebsplatz in Beckedorf und anderswo in Zukunft verhindert?
- Wie werden die Bürgerrechte, unter besonderer Berücksichtigung des„Zero Routine Flaring by 2030“, dass das routinemäßige Abfackeln und Ablassen von mitgefördertem Begleitgas aus Umweltsicht zu vermeiden ist, im Bundestag gesetzmäßig gesichert?
Mit freundlichen Grüßen,
Renate Maaß
(1) https://www.mwm.net/mwm-kwk-bhkw/mwm-kompetenzen/gas-loesungen/erdoelbegleitgas/
(2) Das Abfackeln (gas flaring) und Ablassen (gas venting) von Begleitgasen bei der Erdölförderung von SusanneDonner, Angela Winter © 2012 Deutscher Bundestag WD 8 – 3010 – 047/12
(3) http://www.lbeg.niedersachsen.de/erdoel-erdgas-jahresbericht/jahresbericht-erdoel-und-erdgas-in-derbundesrepublik-deutschland-936.html
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