Offener Brief
an die auf kommunaler und Landesebene zuständigen Gremien und Behörden
bzgl. Ölförderung im Landkreis Harburg
Buchholz, 31. Mai 2017
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Bewilligung zur Förderung von Erdöl und Erdgas im Seevetaler Feld Fleestedt 1 läuft heute, am 31. Mai 2017, aus. Das ebenfalls von der Firma Engie betriebene Bewilligungsfeld Sottorf-Ost 1 (Lizenzinhaber: Mobil Erdgas Erdöl, heute BEB) läuft am 30. November 2017 aus.
Für das Feld Fleestedt 1 liegt ein Antrag auf Verlängerung der Bewilligung beim Landesbergamt vor. Er wird derzeit bearbeitet. Es ist geplant, den Landkreis Harburg als Untere Wasserbehörde in den Bearbeitungsprozess einzubeziehen (wie das genau aussehen wird, teilte man nicht mit). Um den Verwaltungsablauf abwickeln zu können, wurde angesichts der heute auslaufenden Frist eine vorläufige Verlängerung ausgesprochen.
Die betroffenen Bohrstellen gehen zurück auf die ersten Bohrungen im Jahr 1961. Seitdem wird Öl gefördert. In Spitzenzeiten betrug die jährliche Fördermenge im Feld Sinstorf 180.000 t Öl/Jahr, zuletzt waren es nur noch 6.000 t/Jahr. Die Betriebsanlagen wie z.B. der Betriebsplatz am Postweg in Beckedorf stammen aus den Gründerjahren, die großen Tanks mit bis zu 2.000 m³ Öl bzw. Öl-Wasser-Gemisch sind entsprechend der damaligen Technik bis heute einwandig und mit Opferanoden als Maßnahme gegen Leckagen ausgestattet. Wenn die Anode sich geopfert hat und eine Leckage eintritt, bleiben nur Erdwälle als Sicherung, der Platz ist nicht befestigt. Der Bohrplatz Meckelfeld 4a am Mühlenweg ist überhaupt nicht gesichert, der sandige Betriebsplatz geht ohne Kante oder Graben in ein bebautes Feld über.
Wir von der Bürgerinitiative „Kein Fracking in der Heide“ bezweifeln, dass die Anlagen in den Bewilligungsfeldern Fleestedt 1 und Sottorf-Ost 1 dem heutigen Stand der Technik entsprechen. Um das Jahr 2009 herum hatte es an drei Bohrungen irreparable Schäden gegeben (s. Bericht der BI auf der Homepage www.kein-fracking-in-der-heide.de vom 22.3.17 und 28.4.17). Eine Bohrung war 2008 teilverfüllt und abgelenkt neu gebohrt worden, die anderen beiden im Jahr 2010. Was genau passierte (warum war Wasser eingedrungen, was war defekt usw.) bleibt bis heute unklar. Weder Engie noch Landesbergamt können oder wollen zu genauerer Aufklärung beitragen, der Landkreis verfügt über keinerlei Informationen über das Geschehen.
Wir meinen: ehe nicht die fast zehn Jahre zurückliegenden Ereignisse aufgeklärt sind und ehe nicht festgestellt ist, wie der Betreiber den Stand der Technik auf den Förderanlagen herstellen kann, darf eine Verlängerung der Bewilligung nicht vorgenommen werden. Wir werden uns dem Landesbergamt gegenüber sowie beim Landkreis Harburg dafür einsetzen, dass entsprechende Auflagen beim Verfahren der Bewilligungsverlängerung berücksichtigt werden.
Vor wenigen Wochen hatte Wirtschaftsminister Lies im Gespräch mit Vertretern der BI klargestellt, dass der Bestandsschutz (was genehmigt war, muss genehmigt bleiben, auch wenn neue Regelungen eingeführt werden) nicht bedeuten darf, dass ohne Berücksichtigung technischer Weiterentwicklungen alle alten, seit Jahrzehnten betriebenen Anlagen immer weiter so betrieben werden können. Bei Verlängerungen befristeter Bewilligungen müsste moderne Technik vorausgesetzt werden. Wir werden den Minister beim Wort nehmen.
Nicht unerwähnt soll in diesem Zusammenhang bleiben, dass bei Engie E&P (vormals GdF Suez) ein Besitzerwechsel bevorsteht. Eine bisher nicht in Erscheinung getretene Tochterfirma weltweit aktiver Wertpapierfonds („Heuschrecken“) wird den Gas- und Ölförderzweig von Engie übernehmen. Wir beobachten diesen noch einige Monate beanspruchenden Prozess aufmerksam.
Gern stehen wir von der BI „Kein Fracking in der Heide“ für Rückfragen und Diskussion zur Verfügung.
Für den Sprecherrat der BI „Kein Fracking in der Heide“
Dr. Ingo Engelmann, Renate Maass, Dr. Peter Schmüser
Verteiler:
Gemeinde Seevetal, Rat und Verwaltung
Landkreis Harburg – Frau Scherf, Herrn Peter, Kreistag
Herrn Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft und Verkehr
Herrn Stefan Wenzel, Niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz
Herrn Andreas Sikorski, Präsident Landesbergamt
Frau Svenja Stadler, MdB
Engie E&P, Herrn Stefan Brieske, Pressesprecher
Pingback: 2economically