In Winsen/Luhe ist auf unerklärliche Art und Weise ein Fass Öl kaputt gegangen. Fünfzig Jahre war alles gut gegangen, und aufbauend auf diesen Erfahrungen… ach nein, Entschuldigung, jetzt war ich in die Diktionsschiene von Ölindustrie und Wirtschaftsministeriuum verfallen. Bei diesem Fass geht es ja gar nicht um Ölförderung, es ist nur zufällig was ausgelaufen. Ein paar Liter, und die Feuerwehr hat sofort die Leckage abgedichtet.
Der Vorfall ereignete sich auf einem stillgelegten Firmengelände. Früher haben hier über 200 Mitarbeiter Furnier geschnitten. Geschäftsführer war ein Herr, der abgelesen an der Namensgleichheit möglicherweise verbunden ist mit der weltweit agierenden Danzer Gruppe. Die ist auch in Sachen Furnier unterwegs. Sie war 2013 wegen Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen im Kongo aus dem FSC ausgeschlossen worden (Forest Stewartship Council – Nichtregierungsorganisation zur Zertifizierung nachhaltiger Forstwirtschaft). Nach firmeninternen Umstellungen wurde Danzer 2014 wieder aufgenommen. Aber ich schweife ab.
Wie auch immer – in Winsen hat Danzer das Furnierwerk dichtgemacht. Und das Faß Öl war übriggeblieben. Nicht schön, aber so was passiert halt. Und wenn dann mehrere Liter Maschinenöl auslaufen, agiert die Feuerwehr (und die Haftung wird sicher geprüft – oder?).
Was diese Nachricht aus dem „Nordheide Wochenblatt“ vom 17.6.2015 hier zu suchen hat? Beim Lesen fiel mir die Anfrage an, die die grünen Landtagsabgeordneten Bajus und Twesten am 16.04.2015 gestellt haben und die am 18.05.2015 vom Wirtschaftsminister Lies beantwortet wurde. Da ging es auch um Dieselöl, allerdings um eine bewusste, gezielte und genehmigte Verschmutzung des Bodens durch eine wesentlich größere Menge Diesel. Die Firma Exxon hat 2003 die Gednehmigung vom Landesbergamt erhalten, bei den Fracs in Söhlingen (Kreis Rotenburg) ein Frac Fluid einzusetzen, das auch Dieselöl enthielt. Damit sollten unter anderem Verstopfungen im Bohrgestänge verhindert werden. Insgesamt wurden bei fünf Fracs über 5000 Liter Diesel mit den anderen Chemikalien und dem Wasser in die Erde gepresst. Das Landesbergamt sah keine Gefährdung gegeben, nach dem derzeitigen Stand sei die Verwendung von Dieselöl im Fracfluid genehmigungsfähig.
So viel zu der Fracking-Praxis in der Vergangenheit. Bezüglich dieser Vergangenheit betet der Wirtschaftsminister vor jedem Mikrophon und in jeder Rede sein Mantra, die Industrie verfüge über umfangreiche Erfahrungen und sei daher Garant für einen störungsfreien Ablauf der Fracking-Prozesse in Sandsteinschichten. Störungsfrei ist eben eine Frage der Definition: Die Sauerei mit dem Diesel ist keine Störung, sondern genehmigte Praxis. Es wurde kein Monitoring durchgeführt, und wann die Folgen im Trinkwasser ankommen, kann schwer vorhergesagt werden. Eines scheint wahrscheinlich: Herr Lies wird dann nicht mehr im Amt sein. Vielleicht werden erst unsere Kinder und Enkel erleben, dass das Trinkwasser nicht mehr Lebensquell Nr. 1 und nicht mehr sicher sein wird.
Die Antwort des Ministers auf die Anfrage der grünen Abgeordneten liest sich unter anderem wie folgt:
Zum Zeitpunkt der Genehmigung der Frac-Maßnahmen in der Bohrung Söhlingen Z15 wurde das Risiko einer unkontrollierten Freisetzung des verwendeten Diesels verbunden mit einer Gefährdung von Grund-und Trinkwasser vom damaligen Landesbergamt Clausthal-Zellerfeld, Außenstelle Celle, als gering und das Vorhaben insgesamt als zulassungsfähig beurteilt.
In Winsen ist ein Fass übergelaufen. In Söhlingen wurde ein Volumen Öl verpresst, mit dem man einen kleinen Tankwagen fast füllen könnte. Als ob Herrn Lies das eine oder das andere interessieren würde. In der Sprache seiner Antwort auf Landtagsanfragen: Seine diesbezügliche Kenntnis wird als gering und damit unzulässig beurteilt.
(Landtagsdrucksache 17/3569)
(Ingo Engelmann)