Regionalplanung gegen Fracking nutzen?

Können Trinkwasservorranggebiete vor Fracking schützen?

In der Debatte über das Regierungspaket zum Themenkomplex Fracking fordern viele BIs und wenige Politiker einen deutlich besseren Schutz des Trinkwassers. Selbstverständlich sind  die Wasserschutzgebiete vor Fracking zu bewahren. Damit sind die Bereiche erfasst, aus denen die Wasserwerke das Trinkwasser direkt fördern. Sie sind in Schutzzone 1 (z.B. Betretungsverbot) bis Schutzzone 3 (z.B. Einschränkung bzw. Verbot bei Einbringung von Gülle oder schädlichen Stoffen) eingeteilt.

Darüberhinaus gibt es weiteren Schutz durch Ausweisung von Wasservorranggebieten. Diese sind Instrumente der regionalen Raumordnung und legen fest, welche Gebiete geschützt sein sollen, um beispielsweise Entstehung und Gewinnung von Trinkwasser zu sichern.

Grundlage für die Schutzfunktionen ist das Wasserhaushaltsgesetz, in dem geregelt wird, was als „Wasserbenutzung“ gilt – für die „Benutzung“ gelten dann nämlich bestimmte Regelungen:

§ 9
Benutzungen
(1) Benutzungen im Sinne dieses Gesetzes sind
1.das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern,
2.das Aufstauen und Absenken von oberirdischen Gewässern,
3.das Entnehmen fester Stoffe aus oberirdischen Gewässern, soweit sich dies auf die Gewässereigenschaften auswirkt,
4.das Einbringen und Einleiten von Stoffen in Gewässer,
5.das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser.
(2) Als Benutzungen gelten auch
1.das Aufstauen, Absenken und Umleiten von Grundwasser durch Anlagen, die hierfür bestimmt oder geeignet sind,
2.Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen.

So lautet der Text bisher. Neu eingefügt werden sollen zwei weitere Punkte:

3. das Aufbrechen von Gesteinen unter hydraulischem Druck zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas, Erdöl oder Erdwärme, einschließlich der zugehörigen Tiefbohrungen,
4. die untertägige Ablagerung von Lagerstättenwasser, das bei Maßnahmen nach Nummer 3 oder anderen Maßnahmen zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas oder Erdöl anfällt.

Da steht nichts von Trinkwasservorranggebieten. Aber in der Anlage zum Gesetztentwurf nimmt der Normenkontrollrat (NKR) im Einzelnen Stellung (1). Er hat zu überprüfen, welche bürokratischen und damit materiellen Folgen eine vorgeschlagene Gesetzänderung mit sich bringt. In seiner Stellungnahme ist dann von Trinkwasservorranggebieten die Rede:

a) Grundsätzliches Erfordernis einer wasserrechtlichen Erlaubnis für Gewässernutzungen nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WHG

(§ 9 Abs. 2 Nr. 3 WHG)
Die Länder können Wasserschutzgebiete oder Trinkwassergewinnungsgebiete ausweisen. Für diese Gebiete kann nach WHG keine wasserrechtliche Erlaubnis für das Fracking erteilt werden. Darüber hinaus können die Länder auch im Rahmen der Regionalplanung Vorranggebiete bspw. für die Trinkwasserversorgung ausweisen und damit ein Fracking unterbinden. Damit besteht Unsicherheit über die jährlich zu erwartende Anzahl von Erlaubnisverfahren. Die Ressorts gehen bei ihrer Schätzung pro Jahr von 11 Erlaubnisverfahren im Bereich des konventionellen Frackings und 4 Verfahren im Bereich des unkonventionellen Frackings aus.

Darüber hinaus wird eine Erlaubnispflicht für die untertägige Ablagerung von Lagerstättenwasser eingeführt (§ 9 Abs. 2 Nr. 4 WHG), welches im Rahmen der Erdgas-/ Erdöl-Förderung auch anfällt. Hier wird mit einem Erlaubnisverfahren pro Jahr gerechnet. (1)

Damit ist eine Möglichkeit zum Schutz weiterer Gebiete vor Fracking skizziert: Durch Ausweisung von Trinkwasservorranggebieten im Rahmen der Regionalplanung. Zuständig dafür sind die Landkreise und die Landesregierungen. Let’s go…

Allerdings würde diese Strategie auch bedeuten, dass jeder Landkreis vor der Entscheidung steht, ob erweiterter Schutz genehem ist oder die Lizenzabgabe höher bewertet werden soll. Klare Verhältnisse gibt es nur durch eine einzige Maßnahme: Fracking verbieten.

(1) http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/047/1804714.pdf

(Ingo Engelmann, unterstützt durch Recherche aus dem Heidekreis – Danke, Dietrich!)

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