Nach wie vor sind die Gebiete in der Nordheide um Hanstedt, aus denen Heidewasser für die Hamburger Trinkwasserversorgung entnommen wird, nicht als Trinkwasserschutzgebiete ausgewiesen. Nach wie vor beharrt der Landkreis Harburg auf der konservativen Haltung, eine Ausweisung sei erst möglich, wenn das wasserrechtliche Zulassungsverfahren für HamburgWasser abgeschlossen ist, wenn dann die genaue künftig zu fördernde Wassermenge feststeht und geregelt ist, in welchem Gebiet diese Entnahme genau stattfinden wird. Das Verfahren (es läuft seit 2004) könnte noch Ende diesen Jahres, spätestens aber 2015 abgeschlossen werden. Das Abstimmungsverfahren mit Trägern öffentlicher Belange und den Einwendern aus der Bevölkerung beginnt demnächst – keiner weiß so sicher, wie lange das dauern wird. Erst wenn die Zulassung in Kraft getreten ist, so der Landkreis, kann der genaue Zuschnitt der Schutzgebiete errechnet werden und das Zulassungsverfahren nimmt seinen Lauf. Das wird dann voraussichtlich im Jahr 2016 erfolgen – Stimmen aus dem Kreistag sagen, es wird wohl eher 2017 sein.
Ist das wichtig? Zur Zeit sind die Wassergewinnungsgebiete in der Nordheide als Vorranggebiete ausgewiesen und genießen somit einen gewissen, zumindest raumordnerischen Schutz. Was dieser Status nicht leisten kann, ist zum Beispiel Sicherheit vor Fracking und ähnlichen Eingriffen im Rahmen der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas und Erdöl. Möglicherweise wird die Landesregierung künftig auch Wassergewinnungsgebiete noch nachhaltiger schützen, auch wenn sie nicht als Schutzgebiete ausgewiesen sind. Aber bisher ist das nicht der Fall.
Wir wissen aus den wenigen Angaben, die im Aufsuchungsantrag für das Feld Oldendorf nicht geschwärzt sind, dass im Arbeitsplan drei Bohrstufen vorgesehen sind:
im Jahr 2014 eine „flache Probebohrung“ zur Gewinnung unverwitterten geochemischen Materials, im Jahr 2016 eine Explorationsbohrung zur Feststellung des Kohlenwasserstoffgehalts, 2017 eine zweite, horizontale Explorationsbohrung. Nach den vorliegenden Aussagen der aufsuchenden Firma Kimmeridge (vgl. http://www.kimmeridgeenergy.com/germany-lower-saxony-posidonia-shale) sucht diese nach Öl, und Explorationsbohrungen dürften auch Fracking-Technologie umfassen (das macht anders eigentlich kei9nen Sinn). Das Feld Oldendorf, in dem nach Öl gesucht wird, und das Trinkwassergewinnungsgebiet „Heidewassser für Hamburg“ überschneiden sich zu ungefähr der Hälfte: von Salzhausen / Toppenstedt im Osten bis Hanstedt reicht die Überschneidung, nur die westlichen Trinkwassergewinnungsgebiete von Schierhorn bis Handeloh/Wörme liegen außerhalb des Ölclaims. Zur Zeit sind die östlichen Gebiete, aus denen HamburgWasser ungefähr ein Zehntel des Hamburger Trinkwassers fördert, nicht davor geschützt, dass dort gefrackt werden könnte. Der Schutz würde mit Ausweisung als Trinkwasserschutzgebiet deutlich verbessert – aber das Schneckentempo von HamburgWasser und die Abwartehaltung des Landkreises haben hier ein schnelleres Tempo verhindert.
Auch wenn Trinkwasserschutzgebiete ausgewiesen sind, schützt das noch nicht wirklich. Zur Zeit ist völlig unklar, ob die Ölfirma eine neben dem Trinkwasserschutzgebiet niedergebrachte Bohrung als Horizontalbohrung unter dem Trinkwasserschutzgebiet noch zwei, drei oder vier Kilometer weiterführen dürfte. Dann würde direkt unter den Trinkwasserleitern gefrackt, und wann das dann eingebrachte Frack-Gift sowie das damit vermischte Lagerstättenwasser sich auf den Weg machen und z.B. in geologisch uralten Verwerfungen der Gesteinsschichten nach oben wandern, weiß keiner. Die intensive Salzeinlagerung, die in unserer Region seit hunderten von Millionen Jahren stattgefunden hat, hat auch Verwerfungen und Diapirbildung mit sich gebracht (Salzstöcke). Salz wandert in Abhängigkeit von Dichte und Temperatur – und es bringt dann viel durcheinander im Untergrund. Politik und Verwaltung sind gut beraten, wenn sie hier ein bisschen mehr Tempo entwickeln (wie Salz unter Druck…) und die realen Begleiterscheinungen nicht ignorieren: Öl- und Gasfirmen sind faktisch am Werk. Und wo sie nicht gebremst werden, da werden sie fördern – und fracken.
(Foto: Würden Sie hier nach Wasser oder Öl suchen? Unter dem Wäldchen befindet sich eine der neun Ölkavernen bei Sottorf/Kreis Harburg… engelmann 2014)
(Ingo Engelmann)