Umweltministerium will Natur nicht zu sehr schützen

Die Regierung hat geantwortet. Wir hatten Frau Stadler, MdB aus dem Landkreis Harburg, auf die Neufassung des Naturschutzgesetzes angesprochen. Dort wird nur für Erdgas festgelegt, dass die frackinggestützte Förderung sowie die Versenkung des Lagerstättenwassers in Schiefergestein bei Natura 2000-Gebieten verboten ist. Für Erdöl gilt das nicht. Sowohl frackinggestützte Förderung von Öl als auch dieVersenkung des dabei anfallenden Lagerstättenwassers sind in diesen Gebieten möglich, die europaweit koordiniert für den Lebensraum- und Artenschutz von Tier- und Pflanzenwelt eingerichtet sind. Die Bundestagsfraktionen von SPD und CDU hatten im Gesetzgebungsverfahren zum Fracking-Paket festgeschrieben, Erdgas und Erdöl seien gleich zu behandeln. Unsere Frage hatte Frau Stadler an das Umweltministerium weitergegeben.

Frau Schwarzelühr-Sutter, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, hat nun erklärt, warum das so mit dem Öl so ist. Ihr Schreiben besteht im wesentlichen aus lobenden und ausführlichen Wiedergaben der Schutzbestimmungen, die im Fracking-Paket vor zwei Monaten verabschiedet wurden – einmal am Anfang und einmal am Ende des Briefes. Danach hatten wir nicht gefragt. In wenigen Sätzen dann erklärt die Staatssekretärin, warum in Natura 2000-Gebieten die eigentlich vom Bundestag geforderte und angekündigte Gleichbehandlung von Gas- und Ölförderung nicht umgesetzt wurde: „Da Natura 2000-Gebiete wesentlich umfangreicher sind als Naturschutzgebiete, Naturparks aber auch Wasserschutzgebiete und andere wasserrechtlich geschützten Gebiete musste hier ein Kompromiss eingegangen werden.“ Schluss der Erklärung. Der einzige angegebene Grund ist die Größe der Natura 2000-Gebiete. Sie umfassen in Europa derzeit etwas 18% der Fläche, was in der Tat ein größeres Gebiet als das der Naturschutzgebiete. Aber im grundsätzlichen Vorhaben, Erdgas und Erdöl gesetzlich gleich zu behandeln, war keine Rede davon, dass dieser Grundsatz nur gelten sollte, wenn die Wirtschaftsunternehmen damit auch einverstanden sind (und die betroffenen Gebiete nicht zu groß). Ein „Kompromiss“ kann in diesem Fall nur zwischen den widerstreitenden Interessen „Naturschutz“ und „Wirtschaftsförderung“ gesucht werden. Und da hat die Wirtschaft gewonnen. Nur in diesem kleinen Punkt so eindeutig, und daher hat die Staatssekretärin auch keine Möglichkeit gefunden, das ganz zu vertuschen. Einen Satz darüber musste sie in ihr dreiseitiges Schreiben aufnehmen, der diesen Sachverhalt klarmacht.

Es gab aus der Politik auch den Verdacht, das Erdöl sei aus diesem Paragrafen des Naturschutzgesetzes möglicherweise herausgefallen, ohne dass man es in der Hektik des Gesetzgebungsprozesses gemerkt habe. Ein Flüchtigkeitsfehler, sozusagen. Diesen Verdacht konnte Frau Schwarzelühr-Sutter nun ausräumen. Es sollte ein Kompromiss gefunden werden, der die Wirtschaft nicht zu stark belastet. Kein Flüchtigkeitsfehler – ein Systemfehler.
Die Bundestagsabgeordnete hat übrigens nicht dazu Stellung genommen, ob sie diesen Umgang mit dem Willen des Parlaments okay findet oder nicht.

(Text: Ingo Engelmann)

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