Im Landkreis Harburg wird seit Jahrzehnten Öl gefördert (z.B. Sottorf, Fleestedt, Stelle). Einige der Bohrstellen werden derzeit betrieben, andere ruhen – können aber aufgrund bestehender Bewilligungen jederzeit reaktiviert werden. Auch die Aufsuchungen im Feld Oldendorf richten sich auf Öl: Es besteht bei den Firmen die „Hoffnung“, aus alten Lagerstätten noch mehr Öl fördern zu können, weil die Technik heute andere Möglichkeiten bietet, vorhandene Vorräte auszubeuten (z.B. Fracking oder „enhanced oil recovery“).
Aber werden nicht gerade neue Regelungen zur Begrenzung von Fracking vorbereitet?
In Berlin liegt ein Paket aus Gesetzesänderungen und anderen Vorschriften vor, mit dem angeblich die Risiken der Fracking-Technologie gemindert werden. Die neuen Regelungen lassen aber viele Schlupflöcher und sind zum Teil auf die Bedürfnisse der Gas- und Ölfirmen zugeschnitten. Vor allem werden sie aber bei uns im Kreis Harburg wenig ändern: sie beziehen sich nämlich vorwiegend auf die Förderung von Gas. Hier geht es aber um Öl. Das sind zwar alles „Kohlenwasserstoffe“, aber wenn ausdrücklich neue Umweltverträglichkeitsprüfungen auf Gas bezogen sind, fällt die Ölförderung aus diesen Regelungen raus. Fracking beim Aufsuchen und Fördern von Öl bleibt also weitgehend ungeregelt. So gelten die UVP-Regeln nur für Ölquellen, aus denen sehr viel Öl gefördert wird. Diese Mengen werden in Niedersachsen fast nie erreicht (nur zwei von Dutzenden von Bohrstellen überschreiten diese Grenze). Die bestehenden Regelungen sind auch künftig nur Papiertiger, die keinen Biss haben.
Außerdem bleiben bestehende Anlagen im Rahmen des zugesicherten Bestandsschutzes von den angestrebten Regelungen unberührt. Es gibt in Niedersachsen bei Gifhorn und bei Verden zwei Versenkstellen für Lagerstättenwasser in Wasserschutzgebieten. Diese würden nach den vorgesehenen Änderungen nicht mehr genehmigungsfähig sein. Aber der Bestandsschutz stellt sicher, dass sie auch weiterhin betrieben werden dürfen. Eine dieser Versenkstellen in Verden-Panzenberg wird zurzeit nicht genutzt. Aber der Bestandsschutz dürfte ihre Reaktivierung bei Bedarf möglich machen.
Dreck macht an der Landesgrenze nicht halt
Im Norden des Landkreises Harburg fördert GdF Suez Öl und sammelt es in Fleestedt auf dem dortigen Betriebshof. Das Lagerstättenwasser interessiert den Landkreis wenig – es wandert nämlich durch Rohleitungen ins nahegelegene Sinstorf, und das gehört zum Land Hamburg. Wenn Bürger etwas über frühere Störfälle (z.B. ausgetretenes Lagerstättenwasser o.ä.) erfahren wollen, tappen sie oft im Nebel, der von der Landesgrenze aus die Sicht verhindert. Als wenn es für die Menschen nicht völlig egal wäre, ob das giftige Lagerstättenwasser in ihrem Dorf oder in der nahegelegenen Großstadt in die Erde versenkt wird – sie wollen es nicht in ihrer Nachbarschaft, und sie wollen ihr Trinkwasser geschützt wissen. Das ist komplizierter als gedacht.
Und der Bohrschlamm – das war doch woanders?
Im Fernsehen konnte man sehen, wie im Kreis Rotenburg (Stemmen) oder im Kreis Nienburg (Steimbke) Altlasten aus der Ölförderung einfach in Gruben verbuddelt wurden. Aber auch im Kreis Harburg gibt es Deponien, in denen Bohrrückstände vermutet werden. Der Landkreis benannte auf Anfrage der grünen Kreistagsfraktion folgende Orte:
• Hornsberg, Gemeinde Stelle,
• Hundesportplatz (ehemaliger Schweinefriedhof), Gemeinde Stelle,
• Müllplatz Ehestorf, Gemeinde Rosengarten,
• Müllplatz Langenrehm, Gemeinde Rosengarten.
• Bohrschlammgrube Ohlendorf, Gemeinde Seevetal
Da es aber im Kreisgebiet weit über hundert Bohrungen gegeben hat, aus denen zum Teil dann über längere Zeit Öl gefördert wurde, bleibt ein Aufklärungsbedarf über die vermutete Dunkelziffer: Wo muss noch mit giftigem Schlamm gerechnet werden, und wer fühlt sich für die Recherche zuständig?
Außer den Bürgern müssten doch auch die Kommunen ein Interesse an Aufklärung haben!
Eine ganze Reihe von Städten und Gemeinden im Landkreis hat sich in den letzten Jahren gegen Fracking ausgesprochen. Jetzt wird es darum gehen, dass sie sich nachhaltig positionieren: Was tun sie, wenn Kimmeridge GmbH im Feld Oldendorf Probebohrungen beantragt? Was tun sie, wenn in Stelle die Exxon-/Shell-Tochter BEB die Bohrstellen reaktivieren will? Was tun sie, wenn sie den Verdacht von Altlasten auf ihrem Gebiet haben? Bürger, Verwaltungen und Kommunalparlamente müssen hier an einem Strang ziehen.
Auf einer Veranstaltung mit Information und Diskussion wird die BI „Kein Fracking in der Heide“ diese Punkte mit Ihnen beraten.
Ort: Wassermühle Karoxbostel, Karoxbosteler Chaussee 51, Seevetal-Hittfeld
Zeit: Dienstag, 17. März 2015, 19:30
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