Mit „fracking“ meint man heute meist die Aufschließung von Erdgasvorräten, die in Schiefergestein, Sandstein oder Kohleflöze eingebunden sind. Man spricht dann auch von „unkonventionellen Lagerstätten“.
Bei den konventionellen Erdölvorkommen der letzten Jahrzehnte wurde eine gasführende Erdschicht angebohrt und das Gas nach oben geleitet. Auch hierbei fallen schon immer die vergifteten Lagerstättenwässer an. Einige Gasvorkommen befinden sich aber in Gesteinsschichten, die das Gas fester einschließen und nicht so einfach nach oben gelangen lassen. Beim modernen Fracking (hydraulic fracturing) muss das Gestein massiver aufgebrochen werden, um darin enthaltene unkonventionelle Gasvorkommen zu erschließen. Ein Chemiecocktail wird mit viel Wasser und Quarzsand in die Tiefe gepresst, dann kurz ein mächtiger Druck erzeugt und so entstehen Risse in der Tiefe. Zusätzlich wird seit kurzem „um die Ecke“ gebohrt: vier-, fünftausend Meter tief und dann waagerecht mehrere Kilometer weit. So wird eine ganze Fläche unterirdisch „erschlossen“. Aus diesem unterirdischen Feld bzw. aus den dort aufgebrochenen Spalten im Gestein strömt dann das Gas nach oben.
Diese neueste Fracking-Technologie verbraucht große Wassermengen (pro „frac“-Vorgang 5-20 Millionen Liter). Das Wasser wird in der Regel aus dem Trinkwasserreservoir entnommen. Bei Bohrfeldern von mittlerer Größe kommen da leicht Millionen Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr zusammen. Der Grundwasserspiegel würde weiter sinken, die Trinkwasserentnahme (Heidewasser nach Hamburg?) immer problematischer.
Mit dem Gas kommen große Mengen Wasser wieder nach oben. Sie enthalten die zugefügten Chemikalien (das wird im Verlauf immer weniger) und Lagerstättenwasser, in dem Stoffe gelöst sind, die unten liegen: Salze, Schwermetalle wie Quecksilber, Benzole und ähnliche Gifte. Das Wasser darf nicht in die Kanalisation geraten: es ist zu giftig. Also presst man es wieder in die Erde zurück und benutzt dazu alte Bohrlöcher. Unter Hassendorf in unserem Nachbarkreis Rotenburg sind Lagerstättenwässer verpresst, mit denen man 20.000 Tanklaster füllen kann. Im Kreis Rotenburg summiert sich das verpresste Lagerstättenwasser auf über 3,4 Millionen Kubikmeter. Der Untergrund wird also immer giftiger, und die Erdschichten werden immer mehr durchlöchert. In Niedersachsen gibt es insgesamt 16.000 Bohrlöcher. Sechzehntausend Mal ist der Grundwasserleiter durchbohrt, sind Wegsamkeiten von unten nach oben geschaffen. In fast ganz Niedersachsen findet man Porengrundwasserleiter vor, die bei jeder Bohrung durchlöchert werden.
Die Erde hat in Gasfördergebieten schon viele Male gebebt, in Rotenburg mit Stärke 4,4 (das ist mehr als ein Zittern), und dadurch können Bruchkanten im Untergrund entstehen oder verstärkt werden. Auch das sind weitere potenzielle Wegsamkeiten, durch die verpresste Giftabfälle ins Grundwasser geraten können. Und so wandern die Stoffe, und wann davon etwas im Grund- und Trinkwasser ankommt, werden spätestens unsere Kinder merken.
Das Problem der Lagerstättenwasser besteht nicht nur beim Gasbohren mit Fracking, sondern bei jeder (auch „konventionellen“) Gasförderung und auch beim Fördern von Öl. In der Vergangenheit hat man sich darum nicht gekümmert, wenn man es in die alten Bohrlöcher verpresst hatte, war es weg – und weg ist weg. Mittlerweile hat selbst das Landesbergamt (LBEG) das Problem erkannt und hatte die chemische Industrie aufgefordert, Verfahren zur technischen Säuberung der Lagerstättenwässer zu entwickeln. Voraussichtlich werden diese Verfahren aber so teuer, dass sich die Öl- und Gasförderung dann zumindest hier bei uns nicht mehr lohnen würde. Die Landespolitik und das LBEG haben daraufhin die überirdische Säuberung des Labgerstättenwassers abgesetzt und wollen weiter versenken – möglichst tief, das soll dann möglichst „sicher“ sein. Der Boden wird (ob flacher, ob tiefer) immer mehr vergiftet.
Bei der Förderung von Öl und Gas gelangt auch Methan an die Oberfläche. Es besteht eine Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung vor Ort. Methan, Klimakiller Nummer eins, wird in der Regel abgefackelt (meist nachts). In den Klimabilanzen der Gasförderung wird das meistens unterschlagen – dann schneidet nämlich plötzlich Erdgas gar nicht mehr so viel klimafreundlicher ab als Kohle. Messungen von NABU und BIs haben zum Teil deutlich erhöhte Quecksilberwerte in der Nähe von Bohrplätzen ergeben. Aus der Vergiftung von Luft und Böden resultieren erhöhte Gesundheitsrisiken. In einigen Orten wurden bereits rätselhafte Steigerungen bei einigen Krebserkrankungen festgestellt.
In jüngster Zeit geraten die Bohrschlammgruben in den Blick, die seit fünfzig oder sechzig Jahren oberflächennah in der Landschaft verteilt sind. Behördensprecher nennen die Zahl von 30-50.000 Bohrstellen in Niedersachsen, und bei jeder einzelnen Bohrung fiel Bohrschlamm an. Bis in die achtziger Jahre wurde dieser Abraum einfach nahe der Bohrplätze verscharrt. Noch Jahrzehnte später finden sich besorgniserregende Benzol-Werte direkt unter der Grasnarbe – wenn man danach sucht. Das wird aber sträglich vernachlässigt. Die Altlasten sind ein weiteres Problemthema der alltäglichen Gas- und Ölförderung. Auch ohne Fracking ist diese Technologie umweltfeindlich.
Zusammenfassung
Die seit ca. 15 Jahren in den USA eingesetzte und in Deutschland bisher nur vereinzelt angewendete Technik des hydraulic fracturing („Fracking“) bei der Erdgasförderung stößt auf massiven Protest, weil damit unüberschaubare Risiken für Umwelt und Gesundheit der Menschen verbunden sind. Darüber hinaus fallen aber erhebliche Mengen an Lagerstättenwasser bei der konventionellen Förderung von Erdöl und Erdgas an. Häufig werden auch diese Quellen gefrackt (durch Einbringen von heißer Luft, CO2, Wasserdampf usw. gängig gemacht).
Zur Situation im Kreis Harburg
Das Landesbergbauamt des Landes Niedersachsen genehmigte der Firma Blue Mountain Exploration LLC am 1.1.2013 die Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen im Erlaubnisgebiet Oldendorf (847qkm groß) bis zum 31.12 2017. Mittlerweile ist die ASufsuchungsgenehmigung übergegangen auf die Schwesterfirma Kimmeridge GmbH, beide gehören zu derselben Muttergesellschaft in den USA. Die Firma Kimmeridge verhindert, dass die Öffentlichkeit etwas darüber erfährt, was sie vorhat: Arbeitspläne werden er Öffentlichkeit vorenthalten. Was gibt es zu verbergen?
Fracking bei der Gasförderung wird in der nächsten Zeit womöglich eingeschränkt. Beim Fördern von Öl, wie Kimmeridge es plant, könnten diese Regulierungen aber ausbleiben.
Im Aufsuchungsbereich des Kreises Harburg (486qkm im LK Harburg), für uns von besonderem Schutzinteresse, liegen
- ·Wasserfördergebiete für die Stadt Hamburg (HWW) an den eiszeitlichen Rinnen “Hanstedter, Elstorfer und Wintermoorer Rinne“
- ·das Wasserschutzgebiete wie Maschen, Woxdorf, Buchholz, Elstorf, Moiburg, Süderelbemarsch/Harburger Berge
- ·Landschaftsschutzgebiete
- ·das Naturschutzgebiet Lüneburger Heide
- ·schutzwürdige Gebiete Flora, Fauna, Habitat
- ·EU-Vogelschutzgebiete
- ·geschützte Biotope
- ·ca. 15 ha Waldfläche mit besonderer Schutz- und Erholungsfunktion (Wasser-, Klima-, Boden-, Lärm- und Naturschutzfunktion)
- ·Naturdenkmale
- ·seltene Böden, Bodendenkmale und Böden mit besonderen Schutzeigenschaften
- ·Altablagerungen und Rüstungsaltlasten, die nicht gesichert und saniert sind. Sie können bei geologischen Eingriffen (Seimische Erschütterungen oder andere Maßnahmen wie Fracking beim Gas- und Ölbohren) eine Gefährdung des Trinkwassers darstellen.
Die Bürgerinitiative des Landkreises Harburg „Kein Fracking in der Heide“ wehrt sich gegen jegliche Art der konventionellen und unkonventionellen Gas- und Ölförderung.Die Lüneburger Heide muss nicht verquecksilbert werden, die Gäste im Naturschutzgebiet kommen nicht wegen einer Methan-Kur. Im Mittelpunkt steht nach wie vor die Sorge um unser Trinkwasser.
Nur kleine verstreut liegende Flächen von insgesamt 2,8 qkm unterliegen keinem besonderen Schutz, d. h. dass fast 100% des Aufsuchungsfeldes im Kreis Harburg nicht für Gas-und Ölförderung zugelassen sind. Diese Position des Landkreises („Untere Wasserbehörde“) wird vom federführenden Landesbergamt weitgehend ignoriert.
(Letzte Überarbeitung 13.11.2014) Ingo Engelmann / Renate Maass
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